Full text: Erster Band (1. Band)

2 Der Centralverband 1876 —- 10901. 
österreichischen Zollverband scheiterte an den Ereignissen des 
Jahres 1848. Kurz zuvor hatte die österreichische Regierung jedoch 
wieder Verhandlungen mit Berlin wegen Abschluß eines Zollkartells 
angeknüpft. Das Ergebniß war sehr beschränkt: es bestand in 
einer Verständigung über die zollfreie Einfuhr böhmischer, aus 
schlesischen Garnen gewebter Leinwand auf der Zolllinie von 
Leobschütz bis Lindenberg, eine Bestimmung, die der deutschen 
Leinenindustrie später erheblichen Schaden zufügte. 
Diese Verhältnisse änderten sich, als nach den erschütternden 
Krisen zwei Staatsmänner von außergewöhnlicher Energie und 
Begabung, Fürst Schwarzenberg und Freiherr von Bruck, an 
die Spitze der österreichischen Regierung traten. 
Ain 26. Oktober 1849 begann die „Wiener Zeitung“ mit 
einer Reihe von Artikeln unverkennbar amtlichen Ursprungs über 
die allmähliche Ausführung einer Einigung zwischen Oesterreich 
und Deutschland in zoll- und handelspolitischer Beziehung. Nach 
einer kurzen Charakteristik der drei in Deutschland bestehenden Zoll— 
gruppen — Oesterreich, des Zollvereins und der Nordstaaten 
urden die in Oesterreich bereits eingeleiteten und noch weiter be⸗ 
absichtigten Zollreforinen, insbesondere die Aufhebung der Prohibi— 
tionen, die Ermäßigung der Schutzzölle und die geplante Annähe— 
rung an den Vereinszolltarif dargelegt. Für den Uebergang bis zum 
Vollzuge der Zolleinigung wurde zuerst ein Handelsvertrag und 
eine stufenweise Anpassung (Assimilation) der beiden Zollsysteme in 
vier Perioden vorgeschlagen, worauf sodann die wirkliche Zoll— 
einigung erfolgen sollte. 
Diese Veröffentlichungen, die zum ersten Male die ernste 
Absicht kennzeichneten, die Zolleinigung praktisch durchzuführen, 
erregten, zumal in der Periode unmittelbar nach dem Scheitern 
der Idee eines kleindeutschen Kaiserthums, in ganz Deutschland 
bedeutendes Aufsehen. 
In einer Denkschrift vom 30. Dezember 1849 unterbreitete 
Freiherr von Bruck diese Vorschläge den deutschen Regierungen und 
beantragte, behufs Anbahnung der künftigen Einigung, die Ein— 
berufung einer Zollkommission aus den verschiedenen Handels— 
und Zollgebieten zur Verständigung über die folgenden Punkte: 
a) den gegenseitigen zollfreien Austausch sowohl bei der 
Einfuhr als bei der Ausfuhr vieler einheimischer Roherzeugnisse 
und Nahrungsstoffe, ebenso mehrerer inländischer Halbfabrikate,
	        
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