Full text: Zweiter Band (2. Band)

128 H. A. Bueck. Centralverband Deutscher Industrieller. 
der Wähler zu werben und jedem die Hand zu drücken, bald dem 
einen, bald dem anderen, aber nicht der Staat der Pflichterfüllung“. 
Aus diesen Aeußerungen erklang die Erregung des in seinen 
Ueberzeugungen verletzten radikalen Manchestermannes, als den sich 
Bamberger noch ausdrücklich kennzeichnete. Er stellte dem Staat, 
der die Pflichten der Menschenliebe, der Karitas, der Sorgfalt für 
den Andern, die durch das menschliche Gefühl diktirt werde, in s 
die Staatsgesetze übertragen wolle gegenüber den Nachtwächterstaat, 9 
der nur dafür zu sorgen habe, daß die Ordnung im Staate er— st 
halten werde, womit alles Uebrige dem eigenen Triebe und der g9 
Initiative der Menschen überlassen bleibe. Er bekenne, daß „wenn 
man so die Gegensätze ironisch bezeichnen wolle“, er noch auf dem di 
Standpunkt des Nachtwächterstaates stehe. P 
Noch schärfer sprach sich Richter aus; er sagte, besonders im w 
Hinblick auf den Reichszuschuß: „Der Grundsatz der Reichsregierung de 
ist ein kommunistisches Element und weiter noch, es ist ein Kommu— 
nismus, so schlecht, wie ihn bisher noch Niemand erfunden hat.“ 5 
Lasker erklärte, daß er vor dem Worte „Staatssozialismus“ di 
nicht zurückschrecke, und er erkannte an, daß der Gesetzentwurf in ko 
dem als sozialistisch bezeichneten Theile schöne Ideen enthalte, aber Er 
es seien eben nur Ideen in die Form von Paragraphen gebracht, soz 
ohne den geringsten Versuch, sie praktisch durchführbar zu machen. we 
Diesen Auffassungen trat der nationalliberale Abgeordnete an 
Dr. Gneist entgegen, der von allen Rednern sich am freundlichsten 
zu dem Gesetzentwurfe stellte. M 
Gegen den Vorwurf des Staatssozialismus erinnerte er daran, M 
daß man bereits in jedem Theile Deutschlands eine allgemeine Un— Je 
fallversicherung habe. Dem Abgeordneten Bamberger gegenüber wi 
bemerkte er, daß im vollen Gegensatz zu Frankreich, Deutschland wil 
schon jetzt jedem Arbeiter und seiner Familie den nothwendigen im 
Lebensunterhalt gewährleiste für jeden Fall der Verunglückung, reg 
Tödtung, Verstümmelung und Arbeitsunfähigkeit. „Durch Gesetz seit gla 
vier Jahrhunderten ist in jedem Winkel Deutschlands diese staatlich St 
anerkannte Pflicht den einzelnen Gemeinden auferlegt; den größeren der 
Verbänden eine ergänzende Stellung, dem Staat eine höchste Er— kap 
gänzung und Kontrolle vorbehalten Worum es wir 
sich jetzt handle, sei nur, die eine Klasse der Unfälle aus dem bal 
Gebiete der allgemeinen Armenpflege hinauszuheben, die öffentliche wer 
Unterstützung für diesen Fall auf das Drei- und Vierfache zu der
	        
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