Full text: Zweiter Band (2. Band)

210 H. A. Bueck. Centralverband Deutscher Industrieller. 
Mensch den gleichen Grad sittlicher Erkenntniß, der Selbstbeherrschung, 
des Gefühls der Selbstverantwortung und des Rechtsgefühls 
überhaupt, mit einem Wort, den gleichen Grad allgemeiner Bildung 
haben würde, den sich doch nur die verhältnißmäßig geringe Zahl 
der Bessersituirten aneignen könne, dann wäre ein gesellschaftlicher 
Zustand gegeben, der Gleichberechtigung nach allen Richtungen und 
auf allen Gebieten als gerechtfertigt erscheinen ließe. Dann würde 
ein Ideal geschaffen sein. Leider gehe man bei Beurtheilung des 
Verhältnisses zwischen Arbeitgeber und Arbeiter häufig von diesem 
Ideale aus, und verlange, von ihm ausgehend, vollständige 
Gleichberechtigung. Auf politischem und rechtlichem Gebiete 
bestehe diese Gleichberechtigung zwischen Arbeiter und Arbeitgeber. 
Beide hätten die gleichen politischen Rechte und vor dem Gesetz sei 
jeder Deutsche gleich. Die Gleichberechtigung aber auf das soziale und 
wirthschaftliche Gebiet übertragen zu wollen, sei ein Unding; denn 
möge man diese Gleichberechtigung mit ehernen Lettern in die 
Gesetzbücher eintragen, so würde doch der Gebildete, der Intelligente 
und der Besitzende thatsächlich immer einen größeren Einfluß 
und eine größere Macht ausüben. Das liege in der Natur der 
Dinge. 
Der Referent verwies auf die deutsche Armee, die von der 
ganzen Welt bewundert werde. Die allergrößte Anerkennung finde 
dabei aber der Umstand, daß in dieser Armee eine unbeugsame 
Zucht und Disziplin alle Klassen beherrsche. Er glaube, daß die 
großen deutschen Feldherren es nicht gerne sehen würden, wenn man 
in die Kasernen gehen und die soziale Gleichberechtigung zwischen 
den einfachen Soldaten und dem Obersten predigen wollte. In 
die Werkstätten aber gehe man und predige Gleichberechtigung, 
die hier ebenso verfehlt sei, wie beim Militär. Beide, die Werkstatt 
wie das Militär, seien in dieser Beziehung gleich bis auf einen 
Punkt. Während das Militär oft erst nach Ablauf von Menschen— 
altern seine Pflicht im Ernste zu erfüllen habe, sei es in den 
Werkstätten täglich bitterer Ernst. Zweck und Aufgabe würden 
verfehlt sein, wenn dieser Ernst nicht obwalte. Die Arbeit könne 
nur gedeihen, sowohl in der Stube des Handwerkers, wie in den 
großen Hüttenwerken, wenn jeder, vom Ersten bis zum Letzten, 
bis zu der unbedeutendsten Stelle unentwegt seine Pflicht erfülle. 
Dazu aber sei Autorität, Zucht und Disziplin nöthig. Wenn 
Kruppe mit seinen vielen tausend Arbeitern diese Disziplin nicht
	        
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