2 H. A. Bueck. Centralverband Deutscher Industrieller.
hauptsächlichste Gegenstand der Verhandlungen lautete: „Die
Arbeiter-Unterstützungskassen“.
Bei der Behandlung des Arbeiter-Unterstützungswesens hatte
sich die Gesetzgebung des Deutschen Reiches vorzugsweise an die
bestehenden Einrichtungen des preußischen Staates angelehnt; sie st⸗
ist wesentlich aus diesen hervorgegangen. Die gewaltige Bedeutung
der Gesetzgebung des Reiches auf diesem Gebiete, und die hervor—
ragende Stellung, die Deutschland auf ihm einnimmt, recht⸗
fertigen einen Rückblick auf die Entwickelung der Verhältnisse der
gewerblichen Arbeiter und des Hilfskassenwesens. n
Bevor die Prinzipien der heutigen Rechtsanschauung, persön— F
liche Freiheit und rechtliche Gleichheit, Geltung erlangt hatten,
waren Privileg und Zwang die hauptsächlichsten Züge im wirth⸗
schaftlichen Leben. Der ländliche Arbeiter war durch die Hörigkeit
und Erbunterthänigkeit an die Scholle gefesselt und unfrei. Für mi
die ländlichen Grundbesitzer war diese Gebundenheit der Arbeiter in Pꝛ
gewissem Grade nutzbringend; andererseits lag ihnen aber die Ver—⸗ wi
pflichtung ob, ihren Arbeitern Arbeit und Unterhalt zu gewähren, Gi
auch wenn deren Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Alter ver— Di
mindert worden war oder gänzlich aufgehört hatte. Selbst als die spe
Erbunterthänigkeit, in Deutschland sehr spät, in Preußen erst 1809, Ar
aufgehoben wurde, trat noch nicht die vollständig freie Arbeit an In
deren Stelle; denn durch die Beschränkung der Freizügigkeit wurden blis
die Arbeiter darauf angewiesen, ohne Rücksicht auf Angebot und Mi
Nachfrage auf dem Arbeitsmarkte, ihren Erwerb in sehr engen wu
örtlichen Grenzen zu suchen. wu
In den Städten walteten ähnliche Verhältnisse ob. Die der
Stadt hatte, gleichsam als Lehen, das Recht des Absatzes ihrer mü
gewerblichen Erzeugnisse in ihrer Bannmeile. Ein Theil dieses ve
Lehens wurde allen Bürgern freigegeben, ein anderer dem Rathe erh
allein vorbehalten, der größte Theil aber den Zünften, gleichsam wir
als Afterlehen, überwiesen. Dadurch wurde in gewissem Grade den mo
zünftigen Handwerkern ein Recht gewährt, welches in den neueren Po
sozialen Bewegungen eine große Rolle gespielt hat, das Recht auf gun
Arbeit. Dafür aber hatten sie die Verpflichtung, ihre in Noth ge— pfli
rathenen Genossen zu unterstützen, oder ganz zu unterhalten.
Die Arbeiter des Handwerks, die Gesellen, waren vielfach beis
durch die Privilegien der Zünfte daran verhindert sich selbständig Pr