364 H. A. Bueck. Centralverband Deutscher Industrieller.
Gebiet der wirthschaftspolitischen Fragen und folgere daraus
eine Schmälerung und Verdrängung des eigenen Einflusses. Der
Verband der Berufsgenossenschaften habe eine solche Ausdehnung
seines Einflusses nicht angestrebt.
Die Delegirten des chemischen Vereins, Direktor Holtz und
Dr. Martius, traten in der Verhandlung noch besonders für die
Berufsgenossenschaften als Träger der Alters- und Invaliden⸗
versicherung ein. Holtz stellte den folgenden noch schärferen Antrag:
„Der Centralverband wolle beschließen für den Fall, daß
der Gesetzentwurf, so wie er vorliegt, an den Reichstag gelangen
sollte, in einer Eingabe an den Deutschen Reichstag denselben zu
ersuchen, dem Gesetzentwurf, die Alters- und Invalidenversicherung
betreffend, in der gegenwärtigen Fassung seine Genehmigung zu
versagen.“
Zu Gunsten dieses Antrages zog Dr. Martius den seinigen
zurück, der nur besagen wollte, daß die bureaukratische Organisation
der Versicherungsanstalten den Wünschen der deutschen Industrie
in keiner Weise entspreche. In seinen Ausführungen bemängelte
Dr. Martius besonders die in den Vorschlägen des Gesetzentwurfes
deutlich erkennbaren partikularistischen Bestrebungen der Mittel—
und Kleinstaaten. Durch sie werde der nationale Gedanke, der in
der Gesetzgebung des Reiches mehr und mehr in den Vordergrund
getreten sei, preisgegeben. Er finde es begreiflich, daß von Seiten
der Großindustrie, besonders derjenigen Großindustriellen, die
einen kommunalen Verband fast vollständig beherrschen,
aus ganz anderen Motiven und von ganz anderen Rücksichten
geleitet, gleichfalls diese Dezentralisation gewünscht werde; aber er
glaube, daß diese Art der Großindustrie im Deutschen Reiche zu
spärlich vertreten und daher nicht berechtigt sei, in dieser Grundfrage
einen entscheidenden Einfluß auszuüben, oder zu Gunsten ihrer
speziellen Interessen die nationalen Interessen in den Hintergrund
zu drängen. Der Centralverband vertrete gerade diese Groß—
industrie, in ihm kämen die kleinen Industrien nicht so wie es sein
sollte zur Geltung. Auch in der Kommission, die in Frankfurt a. M.
getagt habe, sei wesentlich diese Großindustrie vertreten gewesen.
Ein in solcher Weise zusammengesetztes Kollegium sei nicht berechtigt
namens der ganzen deutschen Industrie zu sprechen. Im Central—
verbande bilde die Eisen- und Stahlindustrie und die Textilindustrie
die Mehrheit. Die anderen Industrien seien stets in der Minder—