Full text: Zweiter Band (2. Band)

2. Abschnitt: Arbeit des Centralverbandes. B. Sozialpolitik. 373 
abgeben könnten. Darnach könnte es hinsichtlich der praktischen 
Durchführung am leichtesten und einfachsten erscheinen, feste, für 
alle versicherte Personen gleiche Renten und Beiträge an— 
zuordnen. Eine derartige Verteilung müsse aber, schon mit Rücksicht 
auf die große Verschiedenheit der Löhne und der Bedingungen für 
die Lebenshaltung, als ausgeschlossen erachtet werden. 
Unter diesen Umständen erschien dem Gesetzgeber als das 
relativ beste, die Renten und gleicherweise auch die Beiträge nicht 
in einem Prozentsatze des Arbeitsverdienstes, auch nicht in festen, 
für alle gleichen Beträgen, sondern nach einem anderen Maßstabe 
zu bestimmen, der den Verhältnissen entsprechen würde. Als 
solcher für den vorliegenden Zweck brauchbarer Maßstab wurde 
der Durchschnittslohn der einzelnen Arbeitsorte, und zwar nach 
Maßgabe des ortsüblichen Tagelohnes gewöhnlicher erwachsener 
Tagearbeiter angesehen. Dieser, auch für die Höhe des Kranken— 
geldes in der Gemeinde-Krankenversicherung maßgebende orts— 
übliche Tagelohn, sei nach 88 des Krankenversicherungsgesetzes 
für sämmtliche Ortschaften des Deutschen Reiches festgestellt worden. 
Diese Feststellung sei in den einzelnen Orten erfolgt nach den in 
ihnen geltenden Preis- und Arbeitsverhältnissen. Der ortsübliche 
Tagelohn biete daher einen ungefähren Maßstab dafür, mit 
welchem Lohn ein gewöhnlicher Tagearbeiter au den betreffenden 
Orten auskommen könne. 
„Aus diesem Grunde,“ so wurde in den Motiven gesagt, 
„bildet der ortsübliche Tagelohn gewöhnlicher Tagearbeiter eine 
geeignete Grundlage für die auf dem Versicherungszwange beruhende 
gesetzliche Invalidenversicherung, deren Zweck es ist, dem erwerbs— 
unfähig gewordenen Arbeiter die zu einer bescheidenen Lebenshaltung 
erforderlichen Mittel zu gewähren. .. Die Abstufung der Renten 
und Beiträge nach den bezeichneten Ortslöhnen hindert die 
rechnungsmäßige Ermittelung der Gesammtbelastung nicht, weil die 
Altersklassen der in Betracht zu ziehenden Personen über größere 
Ortsgruppen sich im wesentlichen nach dem gleichen statistisch fest— 
stehenden Verhältniß vertheilen. Endlich ist auf die praktische Durch— 
führung der Alters- und Invalidenversicherung auf der bezeichneten 
Grundlage wenigstens dann ohne erhebliche Schwierigkeiten zu 
zählen, wenn die Unterschiede in der Höhe des ortsüblichen Tage— 
lohnes gewöhnlicher Tagearbeiter nicht bis in die kleinsten Einzel— 
heiten berücksichtigt werden. Wenn man nämlich eine beschränkte
	        
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