Full text: Zweiter Band (2. Band)

376 H. A. Bueck. Centralverband Deutscher Industrieller. 
anzuhalten, vielmehr werde das an der geplanten Einrichtung so 
stark interessirte Gemeinwesen einen Theil der erforderlichen materiellen 
Opfer auf seine eigenen Schultern, auf allgemeine Reichsmittel, zu 
übernehmen haben. Andernfalls würde die Last, mindestens für einzelne 
Berufszweige, unerschwinglich und die Erreichung des Zweckes somit 
in Frage gestellt werden. Weil die Unfallversicherung und die Kranken— 
versicherung ohne Beihilfe des Reiches durchgeführt seien, werde bei 
der jetzt in Rede stehenden Maßregel ein Reichsbeitrag nicht ent— 
behrt werden können. Es würde ein nicht zu rechtfertigender 
innerer Widerspruch sein, wenn das allgemeine Interesse des 
Reiches an einer möglichst normalen Gestaltung der sozialen Ver— 
hältnisse nicht auch in einer antheiligen Aufwendung von Reichs— 
mitteln zur Bestreitung der zu erwartenden Gesammtbelastung einen 
entsprechenden Ausdruck finden würde. Dazu komme noch die 
Erwägung, daß durch die Alters- und Invalidenversicherung, wie 
bereits erwähnt, eine erhebliche Erleichterung einer anderen öffent— 
lichen Last, der öffentlichen Armenpflege, eintreten werde. 
Fast dieselben Gründe waren seinerzeit für einen Beitrag des 
Reiches zu der Unfallversicherung von der Regierung anfangs 
angeführt und von der Industrie nachhaltig festgehalten worden. 
Dennoch hatte man es für zulässig erachtet, schließlich die ganze 
Last der Industrie allein aufzubürden. 
Seinen Beitrag zu den Kosten sollte das Reich durch an— 
theilige Uebernahme eines Drittels der durch die Rente erforderlich 
werdenden Aufwendungen leisten. 
Für die Einführung des „Versicherungsprinzips“ oder des 
Kapitaldeckungsverfahrens bei Bemessung der von den Arbeitgebern 
und von den Versicherten zu zahlenden Beiträge war, nach der 
Begründung, die Erwägung maßgebend, daß das Umlageverfahren, 
bei welchem die Last allmählich steige, nur da empfehlenswerth er— 
scheine, wo eine gewisse Solidarität der jetzt und künftig bei— 
tragenden Personen eine derartige schwierige Belastung der Zukunft 
rechtfertige. Eine solche Solidarität bestehe wohl bei der Industrie, 
der Landwirthschaft u. s. w., aber nicht bei den in den verschiedenen 
Betriebszweigen nacheinander beschäftigten Arbeitern. Diese kämen 
vielmehr nur als Generation, als die Gesammtheit der gleichzeitig 
Lebenden in Frage. Aber auch aus praktischen Gründen sei die 
bei dem Umlageverfahren unvermeidliche Steigerung der Last für 
die Arbeiter bedenklich. Gegenüber diesen Erwägungen müßten
	        
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