Full text: Zweiter Band (2. Band)

378 H. A. Bueck. Centralverband Deutscher Industrieller. 
bereits Ausdruck gegeben worden, daß diese Absicht in den Einzel— 
staaten nicht durchgeführt worden ist. 
In den Verhandlungen des Reichstages wurde die Alters— 
und Invalidenversicherung, nach Veröffentlichung der „Grundsätze“ 
bezw. des Entwurfes der Ausschüsse des Bundesrathes, zuerst er— 
wähnt bei der Berathung des Etats für das Jahr 1888/89, in 
der dritten und vierten Sitzung vom 29. und 30. November 1887.*) 
Die Abgeordneten von Benningsen und von Behr-Behrenhoff 
verwiesen nur kurz auf die Einwirkung eines Reichszuschusses auf 
die allgemeine Finanzlage des Reiches. Nur der Abgeordnete 
Bebel benutzte die Gelegenheit, um an der geplanten Alters- und 
Invalidenversicherung, wie an der Sozialpolitik des Reiches über— 
haupt, eine höchst abfällige Kritik zu üben. Er bezeichnete die in 
Aussicht genommene Rente als Bettelalmosen, beanstandete, daß 
die Arbeiter nicht allein das ihnen zugedachte Drittel, sondern die 
ganze Last zu tragen haben würden; denn das Drittel der Unter— 
nehmer müßte für diese erst von den Arbeitern erarbeitet werden 
und das vom Reiche zu gewährende Drittel hätten die Arbeiter mit 
indirekten Steuern zehnfach zu zahlen. 
Bei der zweiten Berathung des Etats und zwar bei 
dem Kapitel Reichsversicherungsamt**) kritisirte der Abgeordnete 
Baumbach die Berufsgenossenschaften für die Unfallversicherung 
der Arbeiter. Im Anschluß hieran gab er zu erwägen, ob die be— 
berufsgenossenschaftlichen Organe haltbar seien und ob es ein 
glücklicher Griff wäre, sie zu Trägern der Alters- und Invaliden— 
versicherung der Arbeiter zu machen. Er fragte, ob eine diese Ver— 
sicherung erstrebende Vorlage noch in der laufenden Session zu er— 
warten wäre, was er bedauern würde, da dieser Gegenstand noch 
viel zu wenig geklärt sei. 
Der Staatssekretär Staatsminister von Bötticher erwiderte, 
daß er den Zeitpunkt für die Einbringung der Vorlage nicht an— 
geben könne, versicherte aber, daß mit großem Eifer an ihr ge— 
arbeitet werde. Im übrigen glaubte er feststellen zu können, daß 
die „Grundzüge“, trotz vielfach abweichender Ansichten hinsichtlich 
der Einzelheiten, im Ganzen eine freundliche Aufnahme und Zu— 
*) Stenogr. Berichte über die Verhandlungen des Deutschen Reichstags, 
VII. Legisl.-Periode, 2. Session 1887/88, Band 1. 
**) Ebendaselbst, S. 430 —442.
	        
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