382 H. A. Bueck. Centralverband Deutscher Industrieller.
Die Dreitheilung der Beiträge, mithin auch der Reichszuschuß,
wurde von den Konservativen gebilligt. Bezüglich der Frage, ob
Kapitaldeckung oder Umlageverfahren, waren die Ansichten in der
Partei getheilt. Der Parteiredner sprach sich, in Uebereinstimmung
mit dem Beschlusse des Centralverbandes, für das Umlageverfahren
und für die Ansammlung eines starken Reservefonds aus. Der
Redner der Reichspartei, Geh. Bergrath Leuschner?*) trat in sehr
eingehender Behandlung dieses Gegenstandes gleichfalls für das
Umlageverfahren ein. Er wies darauf hin, daß dieses System
für die Aufbringung der Mittel von allen in der Praxis stehenden
Männern befürwortet werde, während die Vertreter des Kapital—
deckungsverfahrens mehr in den Reihen der Theoretiker zu finden
seien. Bezüglich der Organisation bezeichnete die konservative
Partei die Eintheilung nach Gefahrenklassen, nach Maßgabe des
bei der Unfallversicherung eingeschlagenen Verfahrens, für ebenso
unmöglich, wie die Bemessung der Beiträge und Renten nach dem
von den einzelnen Versicherten verdienten Lohne, dem sogenannten
Individuallohn. Sie hielt Abstufungen nur für möglich nach
Maßgabe der in größeren Gebieten gegebenen Verhältnisse, daher
sei die in dem Entwurf vorgeschlagene Organisation nach Landes—
theilen richtig. Die Berufsgenossenschaften wurden für ungeeignet
erklärt, als Träger der Alters- und Invalidenversicherung zu dienen.
Das Centrum ließ durch seinen Redner, den Abgeordneten
Hitze,““) den Zielen dieses Gesetzentwurfes, wie überhaupt den
Zielen der Kaiserlichen Botschaft, volle Theilnahme entgegenbringen.
Mit seiner Kritik des Gesetzentwurfes verfolge es nur den Zweck
auch seinerseits an der Gestaltung des Gesetzes derart mitzuwirken,
„daß es dem wahren Frieden des Vaterlandes diene und den
arbeitenden Klassen, wie der nationalen Produktion wirklich zum
Segen gereiche.“ Das Centrum hatte aber mehr Einwendungen
gegen den Gesetzentwurf zu erheben als die Konservativen. In
einem Punkte stellte es sich jedoch unbedingt an die Seite der
Regierung und der das Gesetz ernstlich unterstützenden Partei.
Nach der bereits erwähnten einleitenden Rede des Staatssekretärs
des Innern, war die Verhandlung von dem Sozialdemokraten
Grillenberger eröffnet worden. Er hatte in einer langen Rede,
*) Stenogr. Berichte über die Verhandlungen des Deutschen Reichstags,
VII. Legisl.-Periode, 4. Session 1888/89, Band 1, S. 198 106.
**) Ebendaselbst, S. 171 178.