Full text: Zweiter Band (2. Band)

388 H. A. Bueck. Centralverband Deutscher Industrieller. 
Hand dieser Vorlage „einmal das Maß der Arbeiterfreundlichkeit 
unserer herrschenden Klassen an praktischen Vorschlägen zu messen“. 
In langen Ausführungen suchte der Redner in der sozial— 
demokratischen, verhetzenden Art nachzuweisen, daß die Regierung 
wie die Parteien nur Worte, keine Thaten für die Abeiter 
gehabt hätten, daß bisher nichts für die Arbeiter geschehen 
sei. „Von den goldenen Worten haben wir gehört, von den 
goldenen Thaten haben wir bis jetzt immer noch nichts zu 
hemerken vermocht.“ Alle bisherigen Gesetze bewegten sich nur auf 
dem Gebiete einer veränderten Armenpflege. Kranken- und Unfall⸗ 
versicherung seien für die Arbeiter „nicht ausreichend und nicht 
sehr nützlich“. Aber diese seien doch mehr werth als die projektirte 
Alters- und Invalidenversicherung; daher wäre es am besten, die 
Vorlage ohne Kommissionsberathung sofort abzulehnen. In der 
Hauptsache richteten sich die Ausführungen des Redners gegen die 
Organisation, die Vertheilung der Beiträge, den späten Beginn 
der Altersrenten, die Geringfügigkeit der Renten, gegen die wider⸗ 
sinnige Ansammlung der Kapitalien, den Begriff der dauernden 
Erwerbsunfähigkeit, gegen den Umstand, daß es keine Verrechnung 
der gezahlten Beiträge gebe für Personen, die aus der Versicherung 
scheiden, endlich zum Schluß gegen das Quittungsbuch. Die in 
diesem sür die Arbeiter liegenden Gefahren und die dabei zu be— 
rücksichtigende Böswilligkeit der Arbeitgeber schilderte Grillenberger 
in den schwärzesten Farben. Bezüglich der Organisation erklärte 
sich Grillenberger gegen die Berufsgenossenschaften, zu denen die 
Arbeiter kein Vertrauen hätten. „Wir stehen auf dem Boden, daß 
unter allen Umständen eine Reichsversicherungsanstalt zu schaffen 
sei.“ Diese sei in Verbindung mit den Krankenkassen, auch den 
freien Hilfskassen, zu bringen. Die Reichsversicherungsanstalt habe 
die Centralkasse zu bilden, die auch Filialen in ähnlicher Weise, 
wie die Filialen der centralisirten freien Hilfskassen, organisiren 
könnte. Den Arbeitern seien. gleiche Rechte mit den Arbeitgebern 
in der Verwaltung, vor allen Dingen jedoch bei den Wahlen zu 
sichern. Grillenberger schloß seine Rede mit dem Versuche, die 
bisherige sozialpolitische Gesetzgebung, besonders die Kranken- und 
Unfallversicherung, als vollkommen werthlos für die Arbeiter und 
gegen deren Interessen gerichtet, darzustellen. Deswegen hätten 
die Sozialdemokraten gegen diese Gesetze gestimmt. Für gute, die 
berechtigten Beschwerden berücksichtigenden Gesetze würden sie zu
	        
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