2. Abschnitt: Arbeit des Centralverbandes. B. Sozialpolitik. 449
war sogar beantragt worden, die Dauer der Unterstützung auf
sechs Wochen auszudehnen.
Die Erhöhungen und Erweiterungen der Leistungen der
Ortskrankenkassen (8 21) betrafen zunächst die Regelung der Karenz—
zeit. Auf die mit deren Beseitigung eintretende Gefährdung der
Krankenkassen ist hier bereits bei der Darstellung der Entstehung des
Krankenkassengesetzes hingewiesen worden. Sie war bestimmend für
die Mehrheit des Reichstages gewesen, bei der Berathung des
Krankenkassengesetzes den Widerstand gegen die dreitägige Karenzzeit
zurückzuweisen. Die Regierung hatte inzwischen eine andere Ansicht
gewonnen. Die Novelle enthielt in 8 64 Ziffer 4 folgende Be—
stimmung: „Das Krankengeld kann allgemein oder unter bestimmten
Voraussetzungen schon vom Tage des Eintritts der Erwerbs—
unfähigkeit ab, sowie für Sonn- und Festtage gewährt werden,
sofern dies sowohl von der Vertretung der zu Beiträgen ver—
pflichteten Arbeitgeber (5 38) als auch von derjenigen der Versicherten
beschlossen wird.“
Von der Kommission waren die Worte von „sofern dies“ bis
zu Ende gestrichen worden und ersetzt durch die Bestimmung:
„sofern der Betrag des gesetzlich vorgeschriebenen Reservefonds
erreicht ist
In der Begründung berief sich die Regierung auf die
unter den Mitgliedern der Orts- und Betriebskassen bald nach
dem Inkrafttreten des Gesetzes hervorgetretene lebhafte Bewegung
gegen die obligatorische Karenzzeit. Es war vielfach verlangt
worden, daß den Kassen gestattet werde, die dreitägige Karenz—
zeit durch statutarische Bestimmung zu verkürzen oder ganz zu
beseitigen. Man berief sich dabei auf die freien Hilfskassen,
denen in dieser Beziehung die Freiheit der statutarischen Regelung
eingeräumt sei und die ohne Karenzzeit beständen. Auch auf die
Orts- und Betriebskassen war hingewiesen worden, die vor Erlaß des
Gesetzes bereits bestanden hatten und bei denen durch die ihnen
gemäß 8 85 ertheilte Berechtigung die Karenzzeit ausgeschlossen
sei. Nach den von der Regierung angestellten Ermittelungen war
bei den Aufsichtsbehörden noch vielfach die Ansicht vertreten, daß
die Karenzzeit nach wie vor einen, durch andere Mittel nicht zu
ersetzenden Schutz gegen die Simulation biete. Es war dabei auch
auf die wesentlich größere Belastung der Kassen hingewiesen wor—
den, die bei Fortfall dieser Vorschrift eintreten werde. Die Kom⸗
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