2. Abschnitt: Arbeit des Centralverbandes. B. Sozialpolitik. 479
verband nicht eingetreten. Er verkannte nicht, daß es wünschens—
werth erscheinen könne, gewisse kleine Betriebe, wie beispielsweise die
Schlosserei, dem Unfallversicherungszwange zu unterwerfen. Dies
könne nothwendig erscheinen nicht nur mit Rücksicht auf die mit
diesen Betrieben verbundene Unfallgefahr, sondern auch im Hinblick
auf die dadurch entstehenden Verwickelungen, daß die Thätigkeit in
diesen Betrieben unter Umständen von der bestehenden Unfall—
versicherung erfaßt werde. Die Erweiterung sollte sich jedoch, nach
dem Entwurfe, auf das gesammte Klein- und Handelsgewerbe er—
strecken. Der Centralverband erachtete es als unbedingt erforderlich,
daß vor der gesetzlichen Regelung dieser Materie die Unterlagen für
die Beurtheilung der Frage beschafft würden, inwieweit die Unfall—
gefahr in verschiedenen Zweigen des Handwerks, des Kleingewerbes
und der Handelsbetriebe die zwangsweise Einbeziehung in die Unfall—
versicherung rechtfertige, ob diese Betriebe leistungsfähig genug
seien, um die Last der Unfallversicherung zu tragen, und ob eine
Schwächung dieser Kreise durch die beabsichtigte Belastung infolge
der verminderten Kauf- und Verbrauchskraft, nicht auch auf
Landwirthschaft und Großgewerbe, deren Abnehmer jene seien,
unheilvoll einwirken würde.
Da die dem Gesetzentwurf, betreffend die Erweiterung der
Unfallversicherung, beigegebene Begründung solche Unterlage nicht
geboten hatte, so beschloß der Centralverband von einer ein—
gehenden Besprechung dieser Vorlage Abstand zu nehmen
und sich derselben gegenüber ablehnend zu verhalten.
Eine wesentlich andere Stellung war für den Centralverband
mit Bezug auf den die Aenderung des Unfallversicherungs—
gesetzes betreffenden Gesetzentwurf geboten. Zahlreiche Mitglieder
des Centralverbandes hatten in der Verwaltung der Berufs—
genossenschaften ausgiebige Gelegenheit gehabt, eigene Erfahrungen
über die Unfallversicherung, die Wirksamkeit und Brauchbarkeit des
betreffenden Gesetzes und des eingeführten Verfahrens zu sammeln.
Daher mußte der Centralverband in die Berathung der einzelnen
Bestimmungen dieses Entwurfes eintreten, freilich nur derjenigen,
die sich auf das die Industriearbeiter betreffende Gesetz vom 6. Juli
1884 bezogen. Es lag jedoch nahe dieser Einzelberathung eine
allgemeine Erörterung der Frage vorangehen zu lassen, ob eine
Aenderung der Unfallversicherungsgesetze, insbesondere des soeben
bezeichneten Gesetzes, zur Zeit erforderlich und zweckmäßig sei.