2. Abschnitt: Arbeit des Centralverbandes. B. Sozialpolitik. 491
Willen des Verfassers, anscheinend infolge einer Indiskretion, ihrem
wesentlichen Inhalte nach in der „Norddeutschen Allgemeinen Zei—
tung“ zum Abdruck gekommen, und zwar in drei Artikeln in den
zwei Nummern vom 8. und 9. November 1895. Diese Artikel sind
abgedruckt in den Verhandlungen, Mittheilungen und Berichten des
Centralverbandes Heft 67, Seite Mff.
Ferner lagen der Versammlung Vorschläge von Dr. Freund
vor, welche die Durchführung der Krankenversicherung, unter Auf—
hebung der örtlichen Krankenkassen, den Invaliditäts- und Alters—
versicherungsanstalten übertragen und besondere Arbeiterversicherungs—
ämter als gemeinsame lokale Hilfsbehörden für alle Zweige der
Arbeiterversicherung schaffen wollten.
Es lagen auch noch Reformvorschläge von dem Geheimen
Oberregierungsrath von Woedtke und dem großherzoglich badischen
Minister Dr. Schenkel vor. Ersterer wollte, für den Fall einer
Beseitigung des Markensystems, eine anderweitige Bemessung der
Renten mit freiwilliger Zuschußversicherung unter Beihilfe des
Arbeitgebers einführen. Letzterer beabsichtigte die Klebepflicht der
Arbeitgeber wesentlich einzuschränken.
Die vorerwähnten Verhandlungen im Reichsamt des Innern
hatten mit der Erörterung der die Zusammenlegung der verschiedenen
Zweige der Mbeiterversicherung betreffenden Vorschläge begonnen.
Es stellte sich jedoch heraus, daß die Tragweite dieser Vorschläge
noch nicht zu übersehen sei; sie wurden daher zurückgestellt und es
wurde zunächst in die Besprechung des Entwurfes betreffend die
Revision des Invaliditäts- und Altersversicherungsgesetzes ein—
getreten. In viertägigen Erörterungen wurde allseitig anerkannt,
daß das Gesetz vom 22. Juni 1889, auch bei Aufrechterhaltung
seiner grundsätzlichen Bestimmungen, mancher Verbesserungen be—
dürftig sei, und daß der im Reichsamt des Innern ausgearbeitete
Revisionsentwurf gegenüber dem bestehenden Zustande eine Reihe
wesentlicher Erleichterungen und Vereinfachungen biete. Als solche
lassen sich bezeichnen: die Beseitigung des Begriffs eines dem
Kalenderjahre nicht entsprechenden Beitragsjahres und damit die
Abrundung der Wartezeit; die Zulassung von Marken für größere
Zeiträume (Appoints); die Beseitigung der Zusatzmarke bei frei—
williger Versicherung; die Aufhebung des Grundsatzes, daß Beitrags—
marken bei jeder Lohnzahlung verwendet werden müssen; Erleich—
terungen bei der Entrichtung von Beiträgen insbesondere für