Full text: Zweiter Band (2. Band)

2. Abschnitt: Arbeit des Centralverbandes. B. Sozialpolitik. 527 
Stumpf die Ansicht, daß bei dem Eintritt des Beharrungszustandes 
die Verhältnisse sich ganz anders, als in der „Denkschrift“ darge— 
stellt, gestalten würden. Daher sollte man vor Ergreifung derart 
einschneidender Maßregeln die weitere Entwickelung abwarten. Dieser 
Ansicht entsprechend, beantragte Stumpf eine Aenderung der von 
dem Referenten vorgeschlagenen Resolution IV in dem Sinne, daß 
von einem bestimmten Vorschlage für eine anderweitige Aenderung 
des gegenwärtigen Zustandes abgesehen werden möchte. Mit den 
anderen, von dem Referenten vorgeschlagenen Resolutionen erklärte 
sich Stumpf einverstanden. 
Der Präsident des Reichsversicherungsamtes, Dr. Bödiker, 
glaubte annehmen zu dürfen, daß die Bestimmung hinsichtlich der 
Beaufsichtigung wohl noch geändert werden würde. Die Maß⸗ 
nahmen auf dem Gebiete der Krankenpflege, zur Verhütung der 
Invalidität, billigte er. Er hielt jedoch eine vorsichtige Verwendung 
der Mittel der Versicherungsanstalten mit Bezug auf die Ent— 
wickelung der betreffenden Veranstaltungen für geboten. Bödiker 
legte dann die Gründe dar, die ihn veranlaßt hätten, in Gemein— 
schaft mit den Direktoren im Reichsversicherungsamt Gaebel und 
Pfarrius, die mehrerwähnten Vorschläge in der Novemberkonferenz 
des Jahres 1895 zu machen. Diese Vorschläge sollten den einzelnen 
Staaten und Anstalten die Eigenthümlichkeit ihrer Einrichtung, die 
Selbständigkeit der Anstalten, in den wesentlichsten Punkten be— 
wahren und das Selbstverwaltungsrecht aufrecht erhalten. Sie 
vermieden die Zentralisirung der Fonds und gingen so den gegen 
die Reichsanstalt gemachten Einwendungen aus dem Wege; aber 
im Effekt sollte diese Last auf die breiten Schultern des ganzen 
Reiches gelegt werden. Bödiker wendete sich gegen die von 
Generalsekretär Stumpf mit Bezug auf die Resolution IV ge— 
machten Ausführungen und empfahl für den Fall, daß der 
Centralverband sich nicht noch günstiger zu der Regierungsvorlage 
stellen wolle, die Annahme des von dem Fabrikbesitzer Kraft 
gestellten Antrages. Dieser lautete: 
„Der Centralverband erkennt die Gründe, die für eine 
anderweite Vertheilung der Rentenlast sprechen, zum Theil als 
begründet an, erachtet jedoch die Frage für noch nicht spruch— 
reif und hält insbesondere den in Vorschlag gebrachten Ver— 
theilungsmodus im Verhältniß von zu 2/. für abänderungs—⸗ 
bedürftig.“
	        
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