604 H. A. Bueck. Centralverband Deutscher Industrieller.
dem Staatskommissar auf; bezüglich des Letzteren würde schon nach
dem nächstjährigen Etat, soweit ich Herrn von Miquel kenne, eine
Wandlung zu merken sein.“ Zum Beweise dafür, daß die Renten—
feststellung durch die Vorstände der Versicherungsanstalten doch nicht
so bureaukratisch, nicht so ohne Kenntniß und Fühlung mit den
Volkskreisen stattfänden, war angeführt worden, daß, nach dem
Jahresbericht der Versicherungsanstalt Brandenburg, in der Be—
rufungsinstanz, bei der auch schon auf Grund des geltenden Gesetzes
das Laienelement vertreten sei, von den zur Beurtheilung gelangten
Berufungen 82,25 pCt. unter Hinzurechnung der zurückgezogenen
Berufungen 83,93 pCt. für unbegründet erklärt worden wären.
Für die gute Vorbereitung sprach auch weiter, daß beispielsweise
von der Versicherungsanstalt der Rheinprovinz in der Zeit vom
1. Januar bis 1. Juli 1898 662/, pCt. aller Renten ohne Rück—
frage hatten erledigt werden können.
Gegen die Rentenstellen wurde weiter angeführt, daß mit der
Verlegung des Vorbereitungsverfahrens in die Kreisstädte sicher
keine Erleichterung, vielmehr in den meisten Fällen erhebliche
Beschwernisse für die Rentenbewerber, die Aerzte, die Zeugen und
die Sachverständigen verbunden sein würden. Die Ergebnisse des
„mündlichen Verfahrens und des Augenscheins“ würden nicht immer
als beweiskräftig angesehen werden, und die dann erforderlichen
Rückfragen würden sicherlich zur Erschwerung des Verfahrens
beitragen. Von Praktikern wurde übrigens behauptet, daß der
„Augenschein“ sehr häufig dazu beigetragen habe, die Beurtheiler
irre zu führen. Es wurde auch hervorgehoben, daß der von der
Begründung etwas abfällig beurtheilte „Urkundenbeweis“ doch auch
weiter beibehalten werden müsse; denn das Alter werde durch den
Geburtsschein, die Invalidität durch das ärztliche Attest, die
Wartezeit und Beitragsleistung durch die Quittungskarte, die
militärische Dienstleistung durch den Militärpaß, die anzurechnende
Krankheit durch behördliche Bescheinigung belegt. Alle diese
Urkunden, die den verpönten Urkundennachweis bilden, würden
auch später beigebracht werden müssen.
Schwerwiegend war auch der Einwand, daß bei der erst—
instanzlichen Entscheidung über die Rentengewährung in etwa 1000
verschiedenen Rentenstellen die Einheitlichkeit in der Rechtsprechung
ungemein leiden werde. Diese Unsicherheit werde eine erhebliche
und zunehmende Vermehrung, nicht wie die Begründung meinte,