606 H. A. Bueck. Centralverband Deutscher Industrieller.
demokratie und vereinzelt sozialistisch sehr vorgeschrittene Politiker
eingetreten. Aus dem Kreise der Arbeitgeber und der Versicherten
war ein derartiges Verlangen nicht gestellt worden. In diesen
Kreisen hatte man die Mitwirkung des Laienelements in den Berufungs—
instanzen, bei den Schiedsgerichten und in dem Reichsversicherungs—
amt für vollkommen ausreichend gehalten. Die Mitwirkung der
Vertreter der Versicherten bei den Rentenstellen, durch die das Ver—
fahren kostspieliger und langsamer werden mußte, wurde haupt—
sächlich von dem Gesichtspunkte aus betrachtet, daß der sozial—
demokratischen Agitation in diesen Organen ein neues Feld der
Bethätigung, neue Tummelplätze geschaffen würden. Wie derartige
Veranlassungen von der sozialdemokratischen Organisation ausgenutzt
wurden, das lehrten, ganz abgesehen von den gänzlich in sozial—
demokratischen Händen befindlichen freien Hilfskassen, vollkommen
genügend die Verhältnisse in den Ortskrankenkassen und in den
Gewerbegerichten. Die Arbeitervertreter in den Gewerbegerichten
waren schon damals ausschließlich Sozialdemokraten, und ihnen
hatte sich schon eine erhebliche Anzahl von Vertretern der kleineren
Arbeitgeber angeschlossen, die entweder unter dem Drucke der Sozial—
demokratie standen oder selbst Sozialdemokraten waren. In den
Ortskrankenkassen herrschte das Element der Sozialdemokratie voll—
ständig vor. Es ist hier schon besonders hervorgehoben worden,
daß bei den Wahlen zu den Rentenstellen auch die sogenannten
freien Hilfskassen zugezogen werden sollten. Daher war anzunehmen,
daß bei den Rentenstellen dieselben Erscheinungen hervortreten
würden, wie bei den Gewerbegerichten. In dieser Beziehung war
in der Begründung gesagt worden: „Auch die Befürchtung, daß die
Rentenstellen unter dem Eindrucke der ihnen naheliegenden örtlichen
Verhältnisse oder in der Erwägung, daß die Rentenlasten aus den
reichen Mitteln der großen Versicherungsanstalten bestritten werden,
oder endlich in der Absicht, die Armenpflege zu entlasten, Renten
zu reichlich bewilligen werden, kann jener Maßregel mit durch—
schlagender Kraft nicht entgegengesetzt werden.“ Den Verfassern
der Begründung muß also augenscheinlich das Bedenken selbst auf—
gestoßen sein, daß solche unberechtigten Einwirkungen stattfinden
könnten. Auch anderwärts waren ernste Bedenken in dieser Richtung
erhoben worden, dahingehend, daß der Arbeiter immer zu Gunsten
der Arbeiter entscheiden würde, daß auch vielleicht der Arbeitgeber
dem Drucke der Arbeiterbevölkerung gegenüber nicht immer den