690 H. A. Bueck. Centralverband Deutscher Industrieller.
verpflichte, während die andere Seite die Verpflichtung übernehme
bei dem Eintritt eines vorher der Art nach bestimmten Ereignisses
eine bestimmte Summe oder eine bestimmte Rente zu zahlen. Bei
diesen privaten Versicherungsverträgen sei es Grundsatz die Prämie
so hoch zu bemessen, daß für jeden einzelnen Versicherungsfall eine
Kapitaldeckung stattfinde. Es werde also nicht durch Prämien der
in den einzelnen Jahren entstehende Bedarf dieser privaten Ver—
sicherungsanstalten gedeckt, sondern es werde durch die Prämie
darüber hinaus das Kapital zur Deckung der bezüglich jedes
einzelnen Versicherungsantrages übernommenen Verpflichtung an—
gesammelt. Dieses Verfahren sei für die private Versicherung als
so nothwendig erachtet worden, daß die Kapitaldeckung und die
Grundsätze, nach denen sie sich vollziehe, unter staatliche Aufsicht
gestellt worden seien.
Der Redner hatte bei diesen Ausführungen besonders die
Lebens- und Rentenversicherung im Auge. Dieses Verfahren sei
deswegen durchaus nothwendig, weil der ganze private Versicherungs—
vertrag auf Freiwilligkeit beruhe, weil also keine Gewähr vor—
handen sei, daß die private Versicherung zu jeder Zeit den noth—
wendigen Kreis von Versicherten umfasse. Außerdem könne in
jedem derartigen privaten Unternehmen durch Fehler, leichtsinnige
Behandlung, Untreue und dergl. mehr ein Mißerfolg herbei—
geführt werden, der zum Nachtheil der betreffenden Versicherten
gereichen könnte. Daher sei das Kapitaldeckungsverfahren unter
staatlicher Aufsicht für die private Versicherung unerläßlich.
Ganz anders lägen die Verhältnisse bei der staatlichen
Arbeiterversicherung; sie beruhe auf reichsgesetzlichen Grundlagen,
und zu diesen Grundlagen gehöre das Prinzip des Zwanges für
den Kreis der Personen, die von der Versicherung umfaßt werden
sollen. Dieser Kreis sei ein außerordentlich großer. Am Ende des
Jahres 1898 hätte die Unfallversicherung 16 741 000 Versicherte
und die Invalidenversicherung 12 659 000 Versicherte umfaßt.
Freilich sei bei der Invalidenversicherung der Kreis der zu Bei—
trägen Verpflichteten wesentlich größer als bei der Unfallversicherung;
denn bei dieser würden die Lasten der Beitragsleistung nur von
den Arbeitgebern getragen. Der Kreis dieser Arbeitgeber sei aber
auch bei der Unfallversicherung außerordentlich groß; denn, abgesehen
von einem Theile des Handwerks und von dem Handelsgewerbe,
werde der ganze deutsche Gewerbebetrieb, einschließlich der Industrie,