Full text: Zweiter Band (2. Band)

750 H. A. Bueck. Centralverband Deutscher Industrieller. 
verletzung darstellen, so ist der Betreffende, nachdem ihm und dem 
Kassenvorstande Gelegenheit zur Aeußerung gegeben worden ist, 
durch die Aufsichtsbehörde seines Amtes zu entheben.“ 
„Die Entscheidung der Aufsichtsbehörde kann binnen vier 
Wochen nach der Zustellung derselben auf dem im 8 58 Absatz 3 
Satz 2 bezeichneten Wege angefochten werden. Die Anfechtung hat 
keine aufschiebende Wirkung.“ 
Dieser Inhalt des Gesetzentwurfes war wohl geeignet Ent— 
täuschung hervorzurufen, denn auf die von weiten Kreisen, besonders 
von der Industrie für dringend nothwendig erachtete durchgreifende 
Aenderung gewisser grundlegender Bestimmungen des Kranken— 
versicherungsgesetzes war leider verzichtet worden. 
Die Regierung war über die Unzulänglichkeit ihres Entwurfes 
auch nicht im Zweifel gewesen. Denn um diesen zu erklären, oder 
wie auch angenommen wurde, zu entschuldigen, hatte sie den allge— 
meinen Theil der Begründung mit folgenden Sätzen eingeleitet: 
„Mannigfache Fragen, welche den weiteren Ausbau der Kranken— 
versicherung und ihrer Beziehungen zur gesammten Versicherungs⸗ 
gesetzgebung betreffen, beschäftigen zur Zeit weite Kreise. Das 
Ergebniß der Erörterung ist hinsichtlich eines Theiles dieser Be— 
stimmungen, z. B. hinsichtlich der Beziehungen zwischen den 
Krankenkassen und den Aerzten und den Apothekern, nicht 
abgeschlossen. Demgemäß können manche in Bezug auf die 
Revision der Krankenversicherung geäußerten Wünsche noch nicht 
als reif, weder zur Erfüllung noch zur Ablehnung, bezeichnet 
werden. Es bleibt vielmehr die Aufgabe, an der Klärung solcher 
Fragen weiter zu arbeiten, bis ihre Erledigung auf dem Wege der 
Gesetzgebung ohne Bedenken erfolgen kann.“ 
Damit stellte die Regierung hinsichtlich der so nothwendigen 
durchgreifenden Revision des Krankenversicherungsgesetzes einen 
Wechsel auf die Zukunft aus; es lagen jedoch genügende Gründe 
vor, die Möglichkeit, ihn seiner Zeit einzulösen, stark in Zweifel 
zu ziehen. 
Die erste Berathung des Gesetzentwurfes fand in der 
269. Sitzung des Reichstages am 27. Februar 1903 salt. 
*) Stenogr. Berichte über die Verhandlungen des Deutschen Reichstags, 
X. Legisl.-Periode, 2. Session 1900/1908, BVand 9, S. 8245.
	        
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