2. Aschnitt: Arbeit des Centralverbandes. B. Sozialpolitik. 763
sie im wesentlichen auf eine Krankenkasse, auf die in Frankfurt a. M.
und auf deren in einem Jahre gemachten Erfahrungen hinweise.
Auf dieser praktischen Grundlage sei die ganze Berechnung aufgebaut
worden. Das sei ein viel zu dürftiges Material, um auf ihm eine
solche Reform der Krankenversicherung aufzubauen, und deshalb sei
er der Ansicht, daß man doch in der vorgelegten Resolution über
diesen Punkt nicht so kurz hinweggehen sollte. Er wolle vorläufig
auf die Stellung eines neuen Antrages verzichten, aber er müsse
doch feststellen, daß die rechnerischen Grundlagen dieser Neugestaltung
der Krankenversicherung in keiner Weise einwandfrei seien. Wenn
man sich erinnere, daß erst vor Kurzem die Verstärkung der
Reservefonds der Berufsgenossenschaften auf Grund von amtlichen
Berechnungen vorgenommen worden sei, die sich als nicht stichhaltig
erwiesen hätten, daß also der Industrie eine erhebliche Neubelastung
auferlegt worden sei, zu der man auf Grund unrichtiger statistischer
Unterlagen gelangte, so könne man es der Industrie nicht verdenken,
wenn sie nunmehr etwas skeptisch geworden sei.
Direktor Haasemann hielt die Bestimmung, daß die Festsetzung
des ortsüblichen Tagelohnes in Zukunft unter Zuziehung von Arbeit⸗
gebern und Arbeitnehmern geschehe für eine wichtige, aber durchaus
nicht für die Industrie günstige Aenderung. Dadurch werde die
Festsetzung des ortsüblichen Tagelohnes zu einem Lohnkampfe werden,
wie er jetzt schon in den Hansestädten bestehe. In diesen sei der
ortsübliche Tagelohn ganz außerordentlich in die Höhe getrieben
worden, um dadurch steigernd auch auf die anderen Löhne zu wirken.
Selbst die Gewerbeinspektoren hätten darauf hingewiesen und es den
Industriellen zum Vorwurf gemacht, wenn sie niedrigere Löhne als
die ortsüblichen Tagelöhne zahlten. Er befürchte, daß ohne hin—
reichende Kautelen aus den vorstehenden Bestimmungen wüste Kämpfe
hervorgehen würden. Er würde vorschlagen zu beantragen dem
s eine Bestimmung hinzuzufügen, nach der seitens des Reichskanzlers
gleichmäßige Normen für die Festsetzung des ortsüblichen Tagelohnes
zu erlassen wären. Er wünsche, daß ein derartiger Zusatz in die
Resolution aufgenommen werde. Er hoffe, daß das von ihm vor⸗
geschlagene Verfahren auch die Unstimmigkeiten beseitigen würde, die
jetzt zwischen den großen Städten, welche die Löhne selbst festsetzen,
und der näheren Umgebung dieser, für welche der Landrath die Löhne
festsetze, beständen. Durch diese oft ganz bedeutenden Ungleichheiten
würden sowohl die Arbeiter bei Feststellung der Unfallrente geschädigt,