Full text: Zweiter Band (2. Band)

3 H. A. Bueck. Centralverband Deutscher Industrieller. 
Die Gewerkvereine wurden in enger Verbindung mit der 
politischen Fortschrittspartei und deren Nachfolgerin, der frei— 
sinnigen Volkspartei, erhalten, ein Umstand, der ihre Entwickelung 
dauernd behindert hat. Diese Stellungnahme bedingte eine ab— 
lehnende Haltung der Sozialdemokratie gegenüber. Noch gegen— 
wärtig ist jedes neue Mitglied fast aller dieser Gewerkvereine ge— 
halten die schriftliche Erklärung abzugeben, daß es der sozial— 
demokratischen Partei nicht angehöre. 
Die Gewerkvereine sollten als Zweck „den Schutz und die 
Förderung der Rechte und Interessen ihrer Mitglieder auf gesetz— 
lichem Wege“ verfolgen. Dazu gehörte selbstverständlich auch die 
Besserung der Arbeitsbedingungen. Die Bestrebungen, sie zu er— 
reichen, sollten jedoch ausgehen von der Anerkennung der Harmonie 
der Interessen beider Theile, der Arbeiter wie der Arbeitgeber. Von 
dieser Grundanschauung war auch das Verhalten der Gewerkvereine 
zu den Arbeitseinstellungen bedingt. Es wurde ihnen empfohlen 
stets den Weg der Verständigung und Einigung zu beschreiten und 
erst bei Erfolglosigkeit aller friedlichen Versuche und beim Vor— 
handensein günstiger Aussichten und geeigneter Mittel in den 
Ausstand zn treten. Ihre Hauptaufgabe erblickten die Gewerk— 
vereine in der Förderung des Kassenwesens. 
Die Zahl der Mitglieder der Gewerkvereine ist starken 
Schwankungen unterworfen gewesen. Das „Korrespondenzblatt 
der Generalkommission der Gewerkschaften Deutschlands“ Nr. 25 
vom 23. Juni 1902 giebt die Zahl der Mitglieder der Hirsch— 
Dunckerschen Gewerkvereine für das Jahr 1901 auf 86765 an. 
Gegen das Jahr 1900 hatte sich die Mitgliederzahl um 5104 
vermehrt. 
Der Nachfolger Lassalles im Präsidium des „Allgemeinen 
deutschen Arbeitervereins“, von Schweitzer, war durch die von 
Dr. Max Hirsch veröffentlichten Berichte über die englischen 
trade-unions auch auf die Gewerkschaftsbewegung aufmerksam ge— 
worden. Die überzeugten Sozialdemokraten gingen von der Grund— 
anschauung aus, daß die von den Gewerkvereinen erstrebte Besserung 
der Lage der Arbeiter auf dem Boden der bestehenden Wirthschafts— 
und Gesellschaftsordnung überhaupt nicht zu erreichen sei. Gegen 
den Widerspruch dieses Theiles der Sozialdemokratie berief 
von Schweitzer, zwar in Gemeinschaft mit dem Sozial— 
demokraten Fritzsche, aber eigentlich auf eigene Hand, zum
	        
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