62 H. A. Bueck. Centralverband Deutscher Industrieller.
centrale Organisation lebhaft bekämpft. Damals war noch in den
meisten deutschen Bundesstaaten die Verbindung von politischen
Vereinen streng verboten. Dieses Verbot ist erst am 1. Januar 1900
durch Reichsgesetz gefallen. Die Vorbedingung einer centralen
Organisation mußte daher der Ausschluß aller politischen Fragen
und Angelegenheiten von der Bethätigung der Gewerkschaftsbewegung
sein. Damit waren diejenigen nicht einverstanden, von denen die
politischen über die gewerkschaftlichen Ziele gesetzt wurden, also alle
leidenschaftlich angelegten Sozialdemokraten, die Agitatoren und
nicht zum wenigsten der Vorstand der sozialdemokratischen Arbeiter⸗
partei. Von diesen Elementen war, wie hier bereits hervorgehoben
worden ist, bisher an der prinzipiellen Auffassung festgehalten
worden, daß in dem Rahmen der bestehenden Staats-, Gesellschafts—
und Wirthschaftsordnung eine Besserung der Lage der Arbeiter
überhaupt nicht möglich sei, und daß demgemäß der Umsturz des
Bestehenden das hauptsächlichste Ziel der Arbeiterbewegung sein und
bleiben müsse. Da dieses Ziel aber nur auf dem Wege politischer
Bestrebungen erreichbar erschien, so würde der Ausschluß der Politik
aus der Gewerkschaftsbewegung einem Bruche mit dem hauptsäch—
lichsten Prinzip der Sozialdemokratie gleich zu achten gewesen sein.
Die Vertreter dieser Ansicht, zu denen besonders die Abgeordneten
aus den größeren Städten gehörten, wollten daher von der Cen—
tralisation nichts wissen, sie traten vielmehr für lokale Organisationen,
für die Bildung sogenannter Fachvereine ein. Dieser prinzipielle
Gegensatz war so tief, daß die Anhänger der Lokalorganisation den
Kongreß verließen, als dieser mit erheblicher Mehrheit die Cen—
tralisation annahm.
Unter den Anhängern der Centralisation bestand aber auch
eine Meinungsverschiedenheit über die Frage, ob die Arbeiter inner—
halb der einzelnen Zweige an sich verwandter Industrien, also nach
Branchen, organisirt oder in den großen Industrien zu Verbänden
zusammengefaßt werden sollten. Der Kongreß entschied sich für die
Industrieverbände, wobei er in Aussicht nahm die Wirksamkeit
dieser durch den Abschluß von Kartellverträgen zu erhöhen.
Als Aufgaben der aus sieben Mitgliedern bestehenden General—
kommission wurden bezeichnet: Die Agitation, die Führung einer
einheitlich gestalteten Gewerkschafts- und Strikestatistik, die Heraus—
gabe eines Gewerkschaftsorgans, die Unterhaltung geeigneter inter—
nationaler Beziehungen und die Berufung der Gewerkschaftskongresse