112 H. A. Bueck. Centralverband Deutscher Industrieller.
lichen Sonntagsarbeit bezweckten, jedoch verschiedene Wege zur
Erreichung dieses Zweckes bezeichnet hätten. Bezüglich des un—
bedingten Verbotes jeder Sonntagsarbeit habe in der Kommission
die Befürchtung nahe gelegen, daß ein puritanischer Sonntag in
Deutschland eingeführt werden könnte, daß fremde Gewohnheiten
an Stelle deutscher Gewohnheiten treten könnten, die sich nie und
nimmer in die Anschauungen der Bevölkerung einbürgern würden.
In entgegengesetzter Richtung hatten in der Kommission Anträge
vorgelegen, die die Sonntagsarbeit nur für weibliche Personen,
sogar nur für verheirathete Frauen, verbieten wollten. Diesen ver—
schiedenen Anträgen gegenüber sei die Kommission vor die Aufgabe
gestellt gewesen, aus sich heraus den Weg zum Richtigen zu finden,
nicht zu weit zu gehen und auch nicht in zu engen Grenzen zu
bleiben. In dieser Erwägung habe sich die Kommission vergegen—
wärtigt, daß im deutschen Volke der Wunsch und Wille, den
Sonntag zu halten, nicht nur vom christlichen, sondern auch vom
allgemein menschlichen Standpunkte in den breitesten Schichten
der Bevölkerung getheilt und bethätigt werde, sowie daß die Pflege
des Sonntags noch immer die Lebensgewohnheit der Bevölkerung
bilde. Man sei daher zu dem Resultate gekommen, daß man nur
da gesetzgeberisch einschreiten müsse, wo dies Volksbewußtsein ge—
lockert, und wo die Gefahr vorhanden sei, daß unter dem Drucke
des wirthschaftlichen Erwerbslebens, und unter dem Einflusse des
geschäftlichen Wettbewerbes, allmählich die besseren Gewohnheiten
verdrängt werden könnten. In dieser Voraussetzung gelangte man
dazu, die Sonntagsruhe nur für die wirthschaftlich abhängigen
Bevölkerungsklassen, also für gewisse Klassen von Arbeitern festzu—
stellen. Durch das Gesetz sollten nicht „neue fremdartige Institutionen
auf bewährte Einrichtungen aufgepfropft werden“, sondern es sollte
eine gesetzliche Korrektur geboten werden gegen Lebensgewohnheiten,
die sich zum Schaden der geistigen und körperlichen Tüchtigkeit des
Volkes allmählich zu Unrecht eingebürgert hätten.
Um allen durch die industriellen und gewerblichen Verhält—
nisse gebotenen Rücksichten auf das Erwerbsleben zu genügen,
habe die Kommission geglaubt bestimmte Ausnahmen in das Gesetz
aufnehmen zu müssen, in denen, nach der vom Bundesrathe zu
treffenden Festsetzung, an Sonntagen gearbeitet werden dürfe.
Um dem Verkehrsleben Rechnung zu tragen, sei die Kommission
sogar noch weiter gegangen, indem sie der Ortspolizeibehörde die