2. Abschnitt: Arbeit des Centralverbandes. B. Sozialpolitik. 281
ausgeführt, daß das Einigungsamt in den meisten Fällen in der
Lage sein werde aus Zeitungsberichten und dergleichen sich ein
Urtheil darüber zu bilden, ob die in größeren oder kleineren
Versammlungen gewählten Vertrauensmänner auch wirklich als
legimitirt für die betreffenden Kreise anzusehen seien. Das
Direktorium und der Ausschuß seien von der Ansicht ausgegangen,
daß diese Annahme durchaus irrig sei. Man habe sich dabei auf
die im Laufe der letzten großen Bewegung der Arbeiter gemachten
Erfahrungen gestützt. Diese habe ergeben, daß die in den auf—
geregten Versammlungen gewählten Delegirten oder Vertreter
durchaus nicht immer das Vertrauen der betreffenden Arbeiter in
ihrer Gesammtheit besäßen, beziehungsweise die große Masse der
Arbeiter hinter sich hätten. Außerdem würden erfahrungsgemäß
in solchen Versammlungen stets die radikalsten, am meisten hervor—
tretenden Elemente gewählt, mit denen eine Verständigung gewöhnlich
von vornherein ausgeschlossen sei. Es könnte damit die Wirksamkeit
der Einigungsämter durchaus in Frage gestellt werden. Daher
erachte das Direktorium und der Ausschuß eine andere Art der
Prüfungen der Legitimation für nothwendig. Es müßte die
Anerkennung gegenseitig von den Parteien ausgesprochen werden.
Die Vertrauensmänner der Arbeitgeber sollten sich darüber zu
äußern haben, ob sie die Vertrauensmänner der Arbeiter als
legitimirt erachten und so auch umgekehrt. Dies scheine der
einzige gangbare Ausweg zu sein. Der Vorschlag sei von durchaus
praktischen Gesichtspunkten ausgegangen. Denn wenn Arbeitnehmer
an das Schiedsgericht herantreten, deren Vertrauensmänner die
Vertreter der Arbeitgeber nicht als zuständig ansehen bindende
Erklärungen für die Arbeitgeber abzugeben, so würde von vorn—
herein jede Aussicht auf Verständigung abgeschnitten sein. In
derselben Lage würden sich die Arbeitgeber befinden, wenn sie
die Vertreter der Arbeiter nicht als genügend legitimirt erachten.
Auch sie würden sich dann auf keine Verhandlungen einlassen.
Wenn die Verhältnisse so lägen, würde ein Beschluß des Einigungs—
amtes, durch den die Vertreter als legitimirt bezeichnet würden,
durchaus bedeutungslos sein.
Der Beschlußantrag IV wurde hierauf angenommen. Der
Beschlußantrag Vhatte folgenden Wortlaut: „Die für eine Reihe
von Staatsbetrieben vorgesehene Exemtion von den Bestimmungen
des Gesetzes erscheint ungerechtfertigt.“