Full text: Dritter Band (3. Band)

2. Abschnitt: Arbeit des Centralverbandes. B. Sozialpolitik. 471 
gefaßt worden, die in vollem Gegensatz zu den Ausführungen des 
Abgeordneten Bassermann gestanden hätten. Er glaube daher 
sagen zu dürfen, daß die in Bezug auf die nationalliberale Partei 
gezogenen allgemeinen Schlußfolgerungen nicht gerechtfertigt seien. 
Die große Mehrheit dieser Partei steht im Reichstage wie im Hause 
der Abgeordneten und im Lande nicht auf dem von dem Abgeord— 
neten Bassermann eingenommenen Boden. 
Fabrikbesitzer Niepmann-Gräfrath glaubte, daß die Begriffe 
in den deutschen industriellen Kreisen über das Koalitionsrecht noch 
nicht genügend geklärt seien, um ergänzende Bestimmungen zu dem— 
selben zu verlangen, durch welche der Mißbrauch der Koalitions— 
freiheit behindert werde. Er sei überzeugt, daß der vorliegende Ge— 
setzentwurf den vielfach zu Tage getretenen Terrorismus nicht brechen 
könne. Um die Richtigkeit dieser Ansicht zu beweisen, schilderte er 
die von dem sozialdemokratischen niederrheinischen Weberverbande be— 
triebene Agitation, der es gelungen sei die bisher zufriedenen und 
friedlichen Arbeiter aufzuwiegeln, sie zur Bildung eines Zweigvereins 
und schließlich wegen der Wiedereinstellung als Agitatoren entlassener 
Arbeiter in offenen Widerstand gegen die Arbeitgeber zu treten. Alles 
das hätte geschehen können auch unter der Herrschaft eines Gesetzes, 
wie des im Entwurfe vorliegenden. Der sozialdemokratische Verband 
verspreche den Arbeitern im Falle eines Streiks die Hälfte ihres 
Lohnes als Unterstützung. Wenn die Arbeitgeber eine Erklärung 
abgeben wollten, etwa des Inhaltes: „Ihr Arbeitswilligen und 
freien Arbeiter, die Ihr Euch von keinem Verbande, gleichviel ob 
von Arbeitgebern oder Arbeitnehmern terrorisiren lassen wollt, erhaltet 
bei einem Streik nicht allein eine gleiche, sondern eine höhere Ent— 
schädigung, wie der Weberverband sie Euch verbürgt,“ so würde 
dies mehr nützen, als die Resolution und der von ihr befürwortete 
Gesetzentwurf Bei den von ihm beobachteten, nicht immer abgeklärten 
Begriffen über das Koalitionsrecht in den industriellen Kreisen, und 
weil die Arbeiter alles, was in dem Gesetz vorgesehen sei, ruhig 
über sich ergehen lassen könnten, sei es ihm nicht möglich, für den 
vorliegenden Beschlußantrag und damit für den Gesetzentwurf zu 
stimmen. 
Auch über die Art und Weise, wie die Industrie bei einem 
Streik am zweckmäßigsten sich zu verhalten habe, seien die Begriffe 
noch vielfach ebenso unklar, wie über das Koalitionsrecht. Er halte 
es für richtig bei einem ausbrechenden Streik allen Arbeitern der
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.