Full text: Dritter Band (3. Band)

2. Abschnitt: Arbeit des Centralverbandes. B. Sozialpolitik. 497 
Antrag aus. Der letztere verwies besonders auf die Markttage in 
den kleineren Städten, welche die an den anderen Tagen vielleicht 
ziemlich leerstehenden Läden gerade um die Mittagszeit zu füllen 
pflegen. In beweglicher Weise wurde von den Antragstellern die 
Nothlage des Geschäftsinhabers geschildert, wenn er in der besten 
Geschäftszeit für 11/, Stunden auf die Hilfe seiner Angestellten 
und Arbeiter verzichten müsse. Man war schließlich damit ein— 
verstanden, die einstündige Mittagszeit nur für Städte bis zu 
50 000 Einwohnern gelten zu lassen. Das war alles vergebens. 
Unter der Führung der Abgeordneten Freiherrn Heyl zu Herrns— 
heim, Singer, Dr. Hitze und Bassermann wurde der Antrag 
Frege abgelehnt; es blieb bei der 11/ stündigen Mittagspause. 
Der Verfasser dieses Werkes hatte einige Zeit nachdem das 
Gesetz in Kraft getreten war, Gelegenheit gehabt an einer Sitzung der 
Handelskammer einer größeren Provinzialstadt mit über 200 000 Ein— 
wohnern theilzunehmen. Die Mitglieder der Handelskammer be— 
standen überwiegend aus Besitzern offener Verkaufsgeschäfte Die 
Folge der 15, stündigen Mittagspause für die Angestellten selbst 
wurde eingehend erörtert. Uebereinstimmend war die Erfahrung 
gemacht worden, daß die 15/ stündige Pause mit der zweimaligen 
Zurücklegung des Weges und der Mahlzeit bei weitem nicht aus— 
gefüllt würde. Es wurde die Frage aufgeworfen, wie die übrige 
Zeit verwendet werde. Zunächst wurde festgestellt, daß die große 
Mehrzahl der jungen Leute darauf angewiesen sei im Wirthshause 
zu speisen. Dort biete sich zur Ruhe nach der Mahlzeit oder zu 
ernsterer Beschäftigung keine Gelegenheit. Ein Bedürfniß, sich in 
freier Luft zu bewegen, liege für Leute, die sich 45-5 Stunden in 
der Verkaufsstelle bewegt hätten, nicht vor; auch für die Kontoristen 
sei das im Winter meistens unfreundliche Wetter oder die Mittags— 
hitze im Sommer nicht verlockend einen Spaziergang zu machen. 
Man bleibe also im Wirthshaus sitzen und werde dadurch häufig 
zum Trinken, zum Spielen und zu unnöthigen Geldausgaben 
verleitet, nicht selten zur Benachtheiligung der am Nachmittage zu 
leistenden Arbeit. Aber die Abgeordneten Heyl zu Herrnsheim 
und Genossen hatten großes Gewicht darauf gelegt, daß der An— 
gestellte über 11/, Stunden innerhalb seiner Arbeitszeit für sich 
verfügen könne, und daher hatte es so bleiben müssen. 
Der vorerwähnte Zwischenfall hatte sich bei der Berathung 
des in Artikel 6 unter Ziffer III aufgeführten 8 137a der Vorlage 
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II.—
	        
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