Full text: Dritter Band (3. Band)

534 H. A. Bueck. Centralverband Deutscher Industrieller. 
Der Centralverband habe stets an der Grundauffassung fest— 
gehalten, daß der Arbeitsvertrag innerhalb der von der Gesetzgebung 
gezogenen Grenzen den Gegenstand privater Abmachung zwischen 
dem Unternehmer und dem Arbeiter bilden müsse, und daß jedem 
Unternehmer vollständig freistehe, zu entscheiden, welche Arbeiter er 
beschäftigen wolle, und zu welchen Bedingungen dies geschehe; ebenso 
stehe es jedem Arbeiter frei in die Arbeit zu treten, wo es ihm be—⸗ 
liebe. Mit diesem Grundsatze hätten die Beschlüsse des Reichs— 
tages gebrochen. 
Nach 862 Absatz 1 des bestehenden Gesetzes sei die Thätigkeit 
eines gewerblichen Einigungsamtes an die Voraussetzung gebunden 
gewesen, daß sie von beiden Theilen gewünscht werde. Demgemäß 
konnte der 8 61 des Gesetzes bestimmen, daß das Gewerbegericht 
bei Streitigkeiten zwischen Arbeitgebern und Arbeitern über die 
Bedingungen der Fortsetzung oder Wiederaufnahme des Arbeits— 
verhältnisses als Einigungsamt thätig werden könne. Unter der 
Einschränkung, welche in 8 62 Absatz 1 enthalten war, war es 
auch ohne die Erwähnung der Worte „Streik, Ausstand, Boykott 
und Aussperrung“ hinreichend klar, daß nur diese Fälle gemeint 
seien konnten, also Fälle, in denen sich zwei Parteien gegenüber— 
standen, die durch private Einigung nicht zusammenkommen konnten, 
obwohl das beider Willen gewesen war. 
Das werde jedoch sofort anders, wenn das Einigungsamt 
auch schon auf Anregung von einer Seite in Thätigkeit treten 
könne. Dadurch werde eine ganze Anzahl anderer Arten von 
Konflikten der Wirkung des 8 61 unterstellt. Nämlich alle die 
Fälle, in denen das Arbeitsverhältniß von einer Seite gekündigt 
oder sogar gelöst wird, auch dann noch, wenn der Ausscheidende 
schon ein neues Arbeitsverhältniß eingegangen sei. Ein Unter— 
nehmer, der einen einzelnen Arbeiter entlasse und einen anderen für 
ihn einstelle, könne nach dem 8 61 von dem Entlassenen vor das 
Einigungsamt geladen werden, wofern dieser nur einen Streit über 
die Bedingungen der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses anstifte. 
Jeder solcher Streit falle ja nach den Beschlüssen des Reichstages 
unter die Thätigkeit des Einigungsamtes. Umgekehrt könne künftig 
auf Grund desselben Paragraphen auch jeder Arbeiter, der seine 
Stellung verläßt und bei einem anderen wettbewerbenden Unter— 
nehmer eintritt, ja vielleicht nach einem anderen Orte verzieht, von 
seinem früheren Arbeitgeber vor das Einigungsamt geladen werden,
	        
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