Full text: Dritter Band (3. Band)

540 H. A. Bueck. Centralverband Deutscher Industrieller. 
treten können. Das seien immer die Arbeiter. Daher kämen in 
den hier in Rede stehenden Fällen auf die Dauer die Arbeitgeber 
und Unternehmer immer zu kurz. 
Bei dem Streben, die englischen Einrichtungen auf Deutsch— 
land zu übertragen, sei die Verwechselung passirt, daß man ein 
freiwilliges Schiedsamt, das unter einem Unparteiischen, dem 
Gewerberichter, tage, geschaffen, dasselbe aber mit dem Namen 
Einigungsamt belegt habe. Man sei sich also des grundlegenden 
Unterschiedes zwischen diesen beiden Institutionen gar nicht bewußt 
gewesen; man habe sie einfach miteinander verwechselt. Man habe 
das Schiedsamt Einigungsamt genannt, weil das, wie der Bericht— 
erstatter sagte, mehr „nach Salbung und sozialem Frieden rieche“. 
Diese Unklarheit sei in der Novelle weiter fortgesponnen worden. 
In 8 63 werde durch die Novelle die bisherige Thätigkeit 
des Gewerbegerichts als eines sogenannten Einigungsamtes schlecht⸗ 
weg aufgehoben, und an deren Stelle diejenige eines ganz neuen 
Schiedsamtes gesetzt, das mit dem Gewerbegericht nur eine einzige 
Person gemein habe, den Gewerberichter. Dieser gehöre demselben 
aber auch nicht als Gewerberichter, sondern als Vorsitzender des 
Schiedsamtes an. Das hindere freilich nicht, in der Novelle auch 
weiterhin von der Thätigkeit des Gewerbegerichts als eines so— 
genannten Einigungsamtes zu sprechen, obgleich es, nach den Be— 
stimmungen der Novelle, eine solche gar nicht mehr gebe. Das sei 
ein weiteres Beispiel der außerordentlich mangelhaften Redaktion, 
die das Gesetz in der XII. Kommission des Reichstages er—⸗ 
fahren habe. 
Bisher hatten die gewöhnlichen Beisitzer mit dem Gewerbe— 
richter zusammen das Schiedsgericht gebildet und dadurch immerhin 
eine gewisse Stetigkeit und Objektivität der Entscheidungen gewähr— 
leistet. Künftig werde für jeden einzelnen Streitfall ein eigenes 
Schiedsamt gebildet werden. Das neue sogenannte Einigungsamt 
bestehe nämlich, neben dem Vorsitzenden, aus Vertrauensmännern 
der Unternehmer und Arbeiter in gleicher Zahl. Die Vertrauens— 
männer sollen von den an dem Streite Betheiligten bezeichnet 
werden, dürfen jedoch nicht zu den Betheiligten selbst gehören. 
Nur wenn eine Bezeichnung von Vertrauensmännern nicht erfolgt, 
habe der Vorsitzende diese zu ernennen. Daß diese Aenderung 
wesentlich zur Verschärfung der bestehenden Gegensätze beitragen 
werde, sei leicht zu erkennen. Selbst von sozialmoralistischer Seite
	        
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