2. Abschnitt: Arbeit des Centralverbandes. B. Sozialpolitik. 557
gesammte deutsche Industrie in Anspruch nehme, so darf ich daran
die Zuversicht knüpfen, daß unsere deutsche Industrie, und besonders
die im Centralverbande vereinigte deutsche Industrie, auch die gegen—
wärtige kritische Zeit überwinden und aus derselben schließlich neu
gekräftigt hervorgehen wird.“ GBeifall.)
Es ist bereits darauf hingewiesen worden, daß der Geschäfts—
führer Bueck in seinem der Delegirtenversammlung vom 10. Sep—
tember 1902 erstatteten Bericht die Behandlung sozialpolitischer
Fragen im Reichstag erörtert hatte.
Dies war geschehen im Anschluß an die Besprechung der mit
der Berathung des neuen Zolltarifs im Reichstage verbundenen
Vorgänge. Bueck hatte hervorgehoben, daß bei den linksliberalen
Parteien, und ganz besonders bei den Sozialdemokraten, unver—
kennbar das Streben hervortrete, den Kampf um den Zolltarif
zur Stärkung und Erweiterung des eigenen Einflusses und der
eigenen Machtstellung zu benutzen.
Mit allen Mitteln wurde versucht das Zustandekommen des
Zolltarifs zu verhindern, um ihn bei den im Jahre 1903 statt—
findenden Neuwahlen zum Reichstag als Agitationsmittel benutzen
zu können. Dazu würde sich vorzugsweise die Erhöhung des Zolls
auf Brodgetreide und sonstige Lebensmittel geeignet haben. Bezüglich
dieser Bestrebungen hatte der Abgeordnete Bassermann im Reichs—
tage gemeint, es müßte mit der Möglichkeit, vielleicht auch mit der
Wahrscheinlichkeit gerechnet werden, daß die Frage der Erhöhung
der Kornzölle die Wahlparole des Jahres 1903 bilden könnte.
Bassermann hatte weiter gesagt: „Wenn das der Fall sein sollte,
was ich sehr bedauern würde, dann ist über die Sicherheit und
Wahrscheinlichkeit das Eine gewiß, daß die Sozialdemokratie aus
einer derartigen Wahlparole einen sehr großen Nutzen ziehen wird.
(Sehr richtigl) Meine Herren, jede Wahlparole, bei der die Sozial—
demokratie an Stelle ihres vollständig zerschlissenen Programms die
Worte „Brodvertheuerung und Kornwucher“ setzen kann, muß natur—
gemäß der Sozialdemokratie große Truppen zuführen. In dieser
Situation liegen große Schwierigkeiten.“)
*) Sten. Berichte über die Verhandlungen des Deutschen Reichstags,
J. Legisl.Periode, 2. Session 1900/1902, 114. Sitzung am 10. Januar 1902, 4. Band,
S. 3266.