Full text: Dritter Band (3. Band)

2. Abschnitt: Arbeit des Centralverbandes. B. Sozialpolitik. 567 
diesen Wettlauf sagte diese Zeitung weiter: „Der Etat bietet die 
schönste Gelegenheit, über alle diese Dinge vor den Reisen durch 
die Wahlkreise einmal im leeren Reichstagssaale „ins Unreine zu 
reden“. Mit Bezug auf die unermüdlichen sozialpolitischen Redner 
und auf die Fluth der gestellten Anträge, schloß die „National— 
Zeitung“ den betreffenden Artikel mit folgenden Worten. „So 
schlägt ein Antrag den anderen todt und läßt obendrein keine Zeit 
übrig, die bereits spruchreifen Dinge zu erledigen. Todesmuthig 
stürzen die Wahlkandidaten sich auf dem beflügelten Rade ihrer 
sozialpolitischen Beglückungsrezepte in die Manege, steigen zu 
schwindelnder Höhe empor, überschlagen sich und stehen hoch oben 
zum Staunen des athemlos zusehenden Publikums einen Augen— 
blick auf dem Kopf — das Loopiög the Loop in der Politik. 
Heraus kommt aus der ganzen Schaustellung gar nichts, als 
höchstens ein gegenseitiger Anreiz zu immer tollkühneren Fahrten. 
Damit werden Kraft und Zeit vergeudet.“ 
Die „Kölnische Zeitung“ schrieb in Bezug auf diese Ver— 
handlungen: „Man deklamirt Wahlprogramme, es regnet Resolu— 
tionen, die einander in Versprechungen überbieten, allen sieghaft 
voran die Sozialdemokratie. Sie verspricht unbesehen 10 pCt. 
mehr als jeder andere Mitbewerber.“ 
Es wurde in der That Wahlpolitik getrieben. Dies kann 
hier unumwunden und vollberechtigt ausgesprochen werden, da die 
Redner verschiedener Parteien im Reichstage gegeneinander die 
Beschuldigung ausgesprochen hatten, daß von ihnen Wahlpolitik 
getrieben werde. 
Man war gewöhnt die bei diesen Gelegenheiten gestellten 
sozialpolitischen Anträge nicht mehr ernst zu nehmen; zwei derselben 
veranlaßten aber doch den Geschäftsführer Bueck auf sie die Auf— 
merksamkeit der am 17. März 1903 versammelten Delegirten zu 
lenken.?) 
Die Abgeordneten Freiherr Heyl zu Herrnsheim, Trimborn 
und Genossen hatten beantragt: „Der Reichstag wolle beschließen: 
den Herrn Reichskanzler zu ersuchen, dem Reichstage alsbald einen 
Gesetzentwurf vorzulegen, wonach der Titel VII der Gewerbeordnung 
wie folgt abgeändert wird: 
*) Verhandlungen ꝛc. des Centralverbandes, Heft 95, S. 147.
	        
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