570 H. A. Bueck. Centralverband Deutscher Industrieller.
sowie außerdem 102 der größten Einzelfirmen der in Betracht
kommenden verschiedensten Industriezweige aus allen Gegenden
Deutschlands zur Sache geäußert.
Diese gutachtlichen Aeußerungen richteten sich übereinstimmend
gegen die Aenderung des 8 137 der Gewerbeordnung, auf welche
sich die von dem Reichskanzler eingeleiteten Ermittelungen bezogen.
Auf Grund dieser gutachtlichen Aeußerungen der größten Mehrzahl
der Mitglieder des Centralverbandes hatte das Direktorium unter
dem 16. Januar 1903 eine Eingabe an den Reichskanzler ge—
richtetß), in der dringend gebeten wurde „eine einheitliche,
nicht internationale weitere gesetzliche Regelung der
Arbeitsfragen, im Besonderen die geplanten Aenderungen
des 8137 der Reichsgewerbeordnung im Interesse der Er—
haltung der deutschen Industrie geneigtest nicht in Angriff
nehmen zu wollen
Die Eingabe war sehr eingehend begründet, zunächst mit der
unausbleiblichen Einwirkung einer Kürzung der Arbeitszeit der
Arbeiterinnen auch auf die Arbeitszeit der Männer. Hierbei war,
wie es bereits mehrfach und sehr ausführlich im Centralverbande
geschehen war, die Ansicht als durchaus irrthümlich zurückgewiesen
worden, daß durch angestrengte Arbeit in 10 Stunden ebensoviel
geleistet werden könne, wie sonst in 11, da die Leistung wesentlich
von den Maschinen abhänge. Es war nicht in Abrede gestellt
worden, daß der 10stündige Arbeitstag bereits in zahlreichen Be—
trieben eingeführt worden sei. Aus diesem Umstande war im Ver—
gleich zu früher wesentlich längeren Arbeitszeiten gefolgert worden,
daß die Industrie, soweit irgend angängig, dem Zuge der Zeit
nach Kürzung der Arbeitsdauer willig nachgebe. Aber auch in
diesen Betrieben, besonders soweit sie den sogenannten Saison—
industrien zugerechnet werden müßten, bestehe die Nothwendigkeit,
zeitweise länger als zehn Stunden zu arbeiten. Durch das Verbot
einer Verlängerung der Arbeitszeit würden diese Betriebe geschädigt
werden. Eingehend war in der Eingabe nachgewiesen worden, daß
zahlreiche andere Industrien und Betriebe noch 11 Stunden arbeiten
müßten, um den internationalen Wettbewerb mit denjenigen Ländern
zu bestehen, die bezüglich des Arbeiterschutzes weit hinter Deutsch—
land zurückgeblieben seien.
*) Verhandlungen ꝛc. des Centralverbandes, Heft 95, S. 38.