1. Die Zeit vor dem dreißigjährigen Kriege.
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Handschriften ähnlicher Art wie das mit dem Namen Johanns
von Nassau verbundene Kompendium, finden sich aus jener Zeit mehrfach
in den Bibliotheken und scheinen einer besonderen Richtung fürstlicher
Liebhaberei zu entsprechen.
Hierher gehört 3. B. ein »Machina militaris« betiteltes
Buch »Magistri Wilhelmy« aus dem Bücherschage des Fürsten
Christian von Anhalt, das nach einem herrlich gezeichneten Vorblatt
mit friegerischen Emblemen eine große Zahl fortifikatorischer und artil-
leristischer Darstellungen ohne Text bringt, in denen ganz moderne
Dinge mit den überkommenen Typen aus der ersten Hälfte des 16.,
ja aus dem 15. Jhdt. gemischt erscheinen. (Dessauer Behördenbibl.
11.029 : 6182 B.)
Unter den poliorketischen Zeichnungen sind besonder3 interessant und reich
vertreten diejenigen, welche überhöhende Angriffs3bauten (Kaßen) dar-
stellen, wie sie während de3 niederländischen Krieges so oft zur Anwendung kamen,
die hier aber in Formen auftreten, deren Ausführbarkeit ernstlich angezweifelt
werden muß. -- Die artilleristischen Zeichnungen sind 3. T. ganz pracht-
voll, und vielfach offenbar zur Erläuterung einer (leider fehlenden) Instrumenten-
lehre bestimmt; auch die Darstellung der Geschoßflugbahn ist versucht. =- Dann
folgen allerlei Brü>en und der zu ihrer Fortbringung notwendige Train. =
Hinsichtlich der Feuerwerkerei liegt der Hauptnachdruc> auf denjenigen Gegen-
ständen, welche zur Brechverteidigung geeignet sind. Sehr seltsam erscheint die
monströ3-riesenhafte Konstruktion eines feuerspeienden Sturmbalken3, der von der
Festung3mauer herabgelassen wird. Er wirkt doppelt befremdlich neben den Dar=
stellungen von Feuerpfeilen samt dazu gehörigem Bogen. -- Den Beschluß machen
Abbildungen von Steig- und Brechzeugen, die nicht wenig dazu beitragen,
| die Handschrift als einen verspäteten Nachkommen der mittelalterlichen Jkonographien
zu kennzeichnen.
Diesem Werke verwandt ist eine mit französischen Notizen ver=
sehene Sammlung artilleristischer Zeichnungen in Dessau
(11031 : 6184 B.), welche noch mehr als Wilhelmys Arbeit Nachdruck
auf die Mittel zur Verteidigung der Breche legt.
Aufs deutlichste bekundet diese Kollektion , wie lange sich gerade für diesen
Zwe die altertümlichsten pyrotechnischen Hilfsmittel im Schwange erhielten.
Doch widmet die Sammlung auch dem Minenwesen (speziell der Minenerkennung)
Aufmerksamkeit.
In dieselbe Reihe gehört endlich ein Göttinger Codex (ms.
phil. 69) mit großen, schönen Darstellungen von Sprengmunition,
künstlichen Geschossen und Petarden.
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