Full text: XVII. und XVIII. Jahrhundert bis zum Auftreten Friedrichs des Großen 1740 (21. Band, 2. Abtheilung)

3. d. Pferdekunde und Reitkunst. 1011 
Hans Wilh. Schöffer von Diez: „Grundl. und eigentl. B e- 
schreibung der Fechtkunst im einfachen Rappier v. im Rappier 
v. Dolch nach ital. Manier mit 670 Kupferstucken.“ (Marpurg 1620.) 
Salgens- „Kriegsubung“ . . . dem frisch anfahenden Fechter 
und Soldaten nußlich.“ (1637.) 
d) Pferdekunde und Reitkunst. 
S 58. 
Auch im 17. Jhdt. übt Grisone durch seine drei französischen 
Schüler: de la Broue [S. 681], de Pluvinel und Chevalier 
Saint Antoine in ganz Europa den größten Einfluß aus. Die 
höhere Reitkunst fand ihren Ausdruck im eleganten Karussell, bei 
dem es fich bejonders um den „Caracol“ handelte, oder (wie die 
Deutschen es nannten), um das „Naterweistumlen“ (natter-, schlangen- 
weise), welches dem ehemaligen blinden Geradeaus und Drauflos 
lanzenbrechender Turnierhelden ganz entgegengeseßt war und bei dem 
Schütßzengefecht der Reiterei ja auch reiche kriegerische Verwertung fand. 
Unter diesen Gesichts3punkten entwickelte sich für die AusSbildung von Roß 
und Reiter der Begriff der „hohen Schule“, die von der „Volte“ ausgeht und 
in. die „Schule auf der Erde“ und die „über der Erde“ zerfällt. ?) Von den 
Schulen auf der Erde sind am bekanntesten und auch heute noch am meisten 
gebräuchlich: die „Seitengänge“ (Traver35, Renvers8, Schulterherein und Kontre- 
Schulterherein), „Passade“ und „Repassade“, ein Air, das der eine Linie au8- 
richtende, fommandierende Offizier gern annahm. Unter den künstlichen Gang- 
arten war besonders die „Passage“ oder der „spanische Tritt“ beliebt, der auch 
als. „Piaffieren“ oder „Stolzieren“ auf ein und derselben Stelle ausgeführt werden 
konnte, 3. B. von dem Pferde eines General3, der Truppen vorübermarschieren 
ließ, oder von dem des Pivotreiter3 einer schwenkenden Abteilung. Der künstliche 
Viertempo-Galopp des Schulpferdes, eine Art langsamer Walzer, hieß „Redop“. 
An Stelle des „Kurz kehrt!“ der Soldatenreiterei wendete die hohe Schule. die 
„Birouette“ an. Von den Schulen über der Erde sind zunächst „Levade“ und 
„Besade“ zu erwähnen, Erhebungen des Pferdes auf der Hinterhand, deren sich 
der Reiter zuweilen im Kampfe bediente, um] mit dem Leibe seines Rosses: eine 
ihm selbst zugedachte Kugel aufzufangen, was umsomehr möglich war, als bei 
den Radschlössern der Faustrohre ein Schuß ziemlich lange drohte, bevor: er wirklich 
loSging. Luftsprünge, die nicht den Zwe hatten, Hindernisse zu nehmen, waren: 
Terre a Terre, Mezair, Courbette, Croupade, Ballotade und Capriole , Sprünge, 
welche da3 höchste Verständnis zwischen Mann und Pferd, sowie den vollkommensten 
1) Näheres vgl. May Jähns3: Roß u. Reiter. I], S. 218 ff. und H. Stiller: Da3. Kärussel- 
Reiten mit genauer“ Erklärung aller Figuren .und-sämmtlicher Kommando3.- (Stuttgart 1889.) 
Jähn3, Geschichte der Kriea3wissenschaften. 65
	        
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