Full text: XVII. und XVIII. Jahrhundert bis zum Auftreten Friedrichs des Großen 1740 (21. Band, 2. Abtheilung)

5. b. Österreichische HeereSgeseße. 1065 
bald den geringen Wert solcher rasch zusammengeraffter Haufen, und auf ihre 
Bitte wurde aus Niederösterreich geworbenes Jußvolk gesandt und unter das 
Aufgebot verteilt. =- Jede Herrengülte von 100 Gulden hatte ein taugliches auf 
gezäumtes und gesatteltes Pferd mit 2 Pistolen zu stellen oder 80 Gld. zu er- 
egen. Güter von weniger als 100 Gld. Ertrag hatten sich zu gemeinsamer Roß 
gestellung zu vereinigen. =- Auf bestimmte Lärmzeichen : Kanonenschüsse, Sturm- 
alod>en, Kreidfeuer, sollten alle Aufgebotenen zu den Sammelpläten eilen. 
Al3 eine Art von Reserve mußte sich auch noch jeder 30. Mann bereit halten 
dem Aufgebote zu folgen. 
Die Stände Oberösterreichs aber fühlten sich durch diese Anstalten 
nicht beruhigt und machten noch 1641 dem Generalissimus Erzherzog 
Leopold Wilhelm eine Reihe höchst merkwürdiger Vorschläge zur 
Iderstellung einer dauernden Landes8verteidigung. 
Jeder dreißigste und zehnte Mann soll gemustert und zum Kriegsdienst 
im Bedarfsfalle verpflichtet werden. Die Offiziere sollen aus gedienten fkriegskun- 
digen Leuten gewählt und über das ganze Aufgebot ein Oberst gesezt werden. 
Der ihm zur Seite stehende Oberst-Lt. soll besonders in der Befestigungskunst 
erfahren sein. Über je 300 Mann gebietet ein Hauptmann. Der gemeine Mann 
erhält wenn er aufgeboten wird, monatlich vier Gulden. Die Einteilung ha 
nach Pfarren und Nachbarschaften stattzufinden, weil so die Männer am beste 
zusammenhalten. Um jede Erinnerung an den Bauernkrieg zu vermeiden, wird e 
besonders untersagt, den Aufgebotsleuten schwarze Hüte zu geben, das Abzeichen der, 
Aufständischen unter Fadinger. Die Feuerwaffen dürfen nicht mit heim genommen 
verden sondern sind an einem sicheren Ort unter Aufsicht eines Korporal3 und de 
Büchsenmachers aufzubewahren. =- Zweimal jährlich werden alle in den Muster- 
vollen verzeichneten Leute versammelt, aus der Rüstkammer mit den Waffen versehen 
(Seitengewehr, Mustkete, Gabel, „Pantalier“ mit Patronen) und geübt, besonders 
im Scheibenschießen. Zur Sommerzeit versammeln sich außerdem die Leute jede 
onntag bei der Rüstkammer, um zwei oder drei Stunden lang in der Waffen- 
andlung geübt zu werden. AuSbleibende sind von der Herrschaft streng zu be 
trafen. Es wird unbedingter Gehorsam verlangt; den Befehlöhabern jedoch ist 
einzuschärfen „sittsam und in großer Geduld mit den Untertanen umzugehen, U 
rie bei Lust und Gehorsam zu erhalten.“ 
Übrigens bleiben auch die nicht in die Musterrollen Eingetragenen verpflichtet 
im äußersten Notfall mit Streitkolben, „S jeßen und Morgensternen an der Ber 
teidigung teilzunehmen. 
Die Gesichtspunkte der Stände entsprechen durchaus denjenigen, 
on welchen in Mitteldeutschland der Landgraf von Hessen und der 
Graf von Nassau ausgingen ; aber Kaiser Ferdinand scheute sich, de 
tänden, die sich erst vor kurzem sehr eigenwillig und starrköpfig 
„ zezeigt , eine solche Macht in die Hände zu legen, und lehnte ihre 
u. Vorschläge ab. Die Stände jedoch erneuten, ja vertieften ihren An
	        
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