870 Des XVII. Jahrhunderts erste Hälfte. 1. Allgem. kriegswissenschaftl. Werke.
römischen Treffentaktif in Deutschland, ja auch in Frankreich,
geradezu wie eine Offenbarung wirkte. Und nirgends wurde diese mu
neue Lehre lebendiger, nirgends übte fie unmittelbareren Einfluß auf
die praktische Kriegführung als in den Niederlanden, wo Polybios
ven leitenden Männern des großen Unabhängigkeitskrieges , zumal
dem Prinzen Moriz von Oranien und dem Grafen Wilhelm Ludwig
von Nassau, bedeutungsvolle taktische Anregungen gewährte [8 3] R
und wo derselbe Autor sogar in den Vordergrund der wissenschaft- ".
lichen Jugenderziehung des fürstlichen Geschlechtes trat. Es wird 4
für alle Zeit bemerkenswert bleiben, daß sich an den Namen des edlen |
Feldherrnhauses der Oranier nicht nur die schönsten kriegerischen Er- wn
folge des Zeitalters knüpfen, sondern daß ihm auch der kräftigste on
Anstoß zu regerer literarischer Beschäftigung mit dem Kriegswesen zu in
verdanken ist.
Die kgl. Bibliothek zu Berlin besißt das Diarium eines Vortrags, den Prinz |
Friedrich Heinrich von Oranien (1584--1647) als Knabe hörte. EZ führt
den Titel: „Annotationes et excerptae in militaribus“ und ist in
französischer Sprache geschrieben. Der Vortrag liegt in einzelnen Teilen, 3. B. :
im 5. Kapitel (des usages du compartiment de l'arm6e) ausführlich von der die
Hand des Lehrer3, au8zugö3weise von der des Prinzen vor; überall dient Poly-
bio8 als Leitstern; doch sind neben ihm auch moderne Autoren berücksichtigt, |
zumal de la Noue, der wackere Hugenott [S. 563], wie das bei der Erziehung '
eines jungen Herrn, dessen Mutter Luise de Coligny war, sehr begreiflich ist. u
Außerdem wurden rein geschichtliche Studien getrieben, u. zw. so viel als möglich Si
wieder im polybianischen Sinne. So bewahrt die Berliner Bibl. z. B. „Extracten 0
uyt de nederlandsche Historie van Emanuel van Meteren door d. Eygen ven
hand van Syn Hocht Prins Friderick Hinrick geschreven,“*) welde "
ebenfalls jener Lehrzeit angehören. =- Daß Friederich Heinrichs älterer Stief- |
bruder, der Statthalter Moriz, sich in demselben Studienkreise bewegte, lehrt u. a. 5
ein Brief des Raphelengius an Lipsiu8 v. 24. Aug. 1595, worin berichtet wird, UR
daß die Staten dem Prinzen des Lipsius ganz auf Polyb begründetes Werk
„De militia Romana“ sofort nach dem Erscheinen zum Geschenk gemacht, und
daß Moriz es eifrig studiere. *) Er
Übertragungen von Frontins und Polyäns Kriegslisten X
finden sich, wenn auch nur auszugsweise, in Wallhausens Camera "
1) Hinzugefügt ist dieser (späteren) Überschrift noh : »wenich tyts voor Syne doot«. Daß 4
dies Unsinn sei, hat shon W. v. Sc<mettau erkannt, welcher jene Papiere i. IJ. 1704 aus dem Hag
nach Berlin sandte. Er erklärt die Arbeit für ein Summarium „wie es sich für eines jüngeren Herrn
gedächtnus s<hücket“. Zudem gehen diese in niederdeutsc<er Sprache abgefaßten Auszüge von 156T
bloß bis 1587.
2) Burmanns3 Sylloge epistolarum Justi Lipsii. I, p. 208,