216 SELBSTDISPENSATION.
Einkommen, welches in einem Lande das Arzneiverbrauchswesen gewähren kann, nn
ungeschmälert unter den’ regelrecht ausgebildeten Apothekern zur Theilung
velange. Ganz besonders sollte der Stand in Bezug auf die Bereitung zusammen- ;
gyesetzter, auf Recepten verschriebener Mittel ein völlig consequentes, gegen jede En
Form des Selbstdispensirens schützendes Monopol haben. ©
Die häufigsten durch Ausnahmegesetze legalisirten Formen des Selbstdispensirens ne
beziehen sich auf das Freigeben desselben an Aerzte, die in apothekenlosen Orten se
Jeben, an die Thierärzte und an die Homöopathen. Doch gibt es auch Formen mitte
ganz vogelfreier Selbstdispensation. Hierunter zählen die Theeküchen, Noth- yerdt
apotheken, Arzneischränke mancher Gefangenen-, Privatirren-, städtischer Kranken- Kom
anstalten, in welchen Aufseher, Lazarethgehilfen, Inspectoren oder auch die Aerzte Zee
selbst, oft mit Hilfe ungangbarer , veralteter Wagen, unrichtiger Gewichte, mit schil‘
übelgereinigten Geräthen und Fingern, auch undestillirtem Wasser und in fliegender ler
Hast, eine apokryphe Sudelkocherei betreiben ; scharfe Lösungen nach Gutdünken wor
mischen, abgestandene ranzige Salben wieder in Gebrauch nehmen und giftige D
Pulver so lange in willkürlicher Weise abtheilen, bis einmal ein Unglücksfall oder Axel
eine unvermuthete Revision die ungesetzliche Einrichtung in. die Luft sprengt. Lehr
Die Genehmigungen zu ärztlichen Hausapotheken, welche bei den lässt.
höheren Verwaltungsbehörden nachzusuchen sind, können nur unter der Voraus- nent
setzung ertheilt werden, dass weder an dem fraglichen Orte selbst, noch in be- Mitte
quem erreichbarer Nähe eine Apotheke vorhanden sei; dass die eingestellten Kann
Medieamente lediglich zum Gebrauche in der eigenen Praxis dienen; dass diese wei
Medieamente aus einer inländischen (in Oesterreich seit 1890 von der nächst hinge
gelegenen) Apotheke bezogen und nach Taxpreisen abgegeben werden. Auch darf wirke
die Genehmigung nur auf Widerruf ertheilt werden und fällt eo ipso zurück, vehi
sobald in der Nähe eine ordentliche Apotheke errichtet wird. Die Revisions- Allen
bestimmungen, betreffend die ordentlichen Apotheken, sind auch gegen die ärzt- it |
lichen Hausapotheken sinngemäss in Anwendung zu bringen, so dass angemessene |
Geräthschaften, Aufbewahrungsräume, richtige Wagen und Gewichte unter allen Saba
Umständen zu fordern sind. In Preussen ist auch mehrmals mit Nachdruck ‘an- ;
weordnet worden, dass die Zahl der Medicamente eine möglichst eingeschränkte El
sei, dass ordentliche Verzeichnisse derselben geführt und besonders auch häufig “
revidirt werden in Bezug auf den Punkt, dass Arsenikalien aus solehen Dispensir- Wr.
anstalten gänzlich fortfallen (Bestimmung vom 14. Januar 1861). sin
Die Trennung des veterinärärztlichen und des pharmaceutischen Berufes haben nur HE
wenige Staaten zum Grundsatz erhoben ; in Deutschland versagen den Thierärzten X
das Selbstdispensirrecht: Baden, Württemberg, Hessen, Meiningen. Im On
Gegensatz hierzu ist ihnen völlige Dispensirfreiheit ohne Controle gestattet: in
Bremen, Hamburg, Coburg, beiden Mecklenburg, Schaumburg-Lippe, Schwarzburg- Ve
Rudolstadt, wo nicht einmal die Abgabe von Giften ausgeschlossen ist, und Bet
dieselbe Freiheit, aber mit der soeben angedeuteten Beschränkung, ist gewährt: in EIN
Preussen, Elsass-Lothringen und Reuss. In Bayern, Anhalt, Braunschweig und I
Oldenburg unterliegen die Thierärzte in Bezug auf die Führung ihrer Haus- Zube
apotheken einer Revision. In Oesterreich haben die _Thierärzte. das_ Recht zu Oi
dispensiren. )
Dass irgendwelche Verbote und Beschränkungen, z. B. in Bezug auf die direeten einer
Gifte, ohne Controle zu den gänzlich unwirksamen Maassregeln gehören, liegt Koch
auf der Hand. Auch muss es höchst fraglich erscheinen, ob die Begründungen and
des ganzen Instituts dieser Art von Selbstdispensation, dass nämlich „der Zweck rel
der strengen Vorschriften, welche eine Gefährdung des Menschenlebens aus- %
zuschliessen bestimmt sind, bei Vieheuren von selbst fortfalle‘“ , oder auch, Ve
dass „mittelst der Selbstdispensation diejenige Wohlfeilheit der Arzneien für
kranke Thiere erzielt werde, welche nothwendig ist, wenn die Besitzer kranker
Hausthiere nicht überhaupt davon abgeschreckt werden sollen, die Hilfe der Thier-
ärzte zu suchen“, noch in irgend einem Lande eine thatsächliche Unterlage finden.