Full text: Salpetersäure - Thonschiefer (9. Band)

444 STEINSALZ. 
letzterer Form findet es sich im Salzkammergut, wo die Gewinnung mittelst der 
sogenannten Sinkwerke (s. d.) geschieht. Dort, wo das Steinsalz mehr oder 
minder rein vorkommt, wird es bergmännisch gewonnen, Das Vorkommen des 
Steinsalzes als Mineral ist an keine geologische Formation geknüpft, vielmehr 
findet es sich in allen Formationen vom Silur bis zum Tertiär, ja selbst bis in 
die jüngste Region hinein, wie die Steinsalzbildung des Bogdosees und in den 
Steppen beweist. Das Steinsalz bildet, ähnlich der Steinkohle, mehr oder minder 
mächtige, sich weit erstreckende Lager oder Flötze, oft mit Zwischenlagern von 
Thon und Gyps durchsetzt, aber auch häufig ohne diese und dann oft von be- 
deutender Tiefe. Solche Salzlagerstätten heissen Salzstöcke. Die mächtigsten 
Salzlager finden sich im Zechstein, Trias, Jura und der Kreide. Die grössten 
bekannten Salzlagerstätten Europas befinden sich in Wieliezka, Bochnia und 
Kaluez in Galizien, Zlatina in Siebenbürgen, im österreichischen und bayerischen 
Salzkammergut (Hall, Hallein, Aussee, Ischl, Berchtesgaden), in Schwäbisch-Hall 
und Friedriehshall in Württemberg, in Stassfurt, Aschersleben und Erfurt in der 
preussischen Provinz Sachsen, Leopoldshall in Anhalt, Sperenberg in der Provinz 
Brandenburg, bei Peine in Hannover (1875), Vic und Dieuze in Frankreich, 
Northwich und Cheshire in England, Cardona in Spanien, Bachmut, Dekonofka 
und Slaviansk in Südrussland (1881). Mit diesen bekannten Salzlagern ist indess 
der Steinsalzvorrath Europas noch lange nicht erschöpft, wie durch das Auftreten 
starker Soolquellen oder durch das Vorhandensein von Salzseen bewiesen wird, 
welche ihren Salzgehalt doch nur einer primären Salzlagerstätte verdanken können. 
Wahrscheinlich übersteigen die wirklich vorhandenen Steinsalzlager die bis jetzt 
bekannten um ein Vielfaches. Zieht man z. B. durch die 4 bekannten, grossen 
Salzlagerstätten der norddeutschen Tiefebene annähernd eine Luftlinie von Stassfurt 
über Leopoldshall, Aschersleben nach Erfurt, so liegen auf und neben dieser 
Luftlinie die grossen Salinen von Schönebeck, Elmen, Halle, Wittekind, Dürren- 
berg, Kösen, Artern, Frankenhausen und der grosse Salzsee bei Oberröblingen 
nahe Eisleben und viele kleinere Salinen. Es ist sehr wenig wahrscheinlich, dass 
alle diese Salinen von je einem gesonderten Salzlager abstammen; es liegt viel- 
mehr die Vermuthung nahe, dass die ganze Gegend von Magdeburg bis über 
Erfurt hinaus ein einziges zusammenhängendes Lager sei. Nimmt man hierzu die 
märkischen, braunschweigischen (Harzburg) und hannoverschen Salinen (Schöningen, 
Salzdetfurt, Salzderhelden) oder Salzwerke (Peine), so dürfte die Vermuthung 
nicht unberechtigt scheinen, dass die ganze norddeutsche Tiefebene auf einem 
einzigen ungeheuren Salzlager ruht, welches bald in grösserer, bald in geringerer 
Tiefe erreicht wird. Wie bedeutend diese Unterschiede oft auf geringe Entfernungen 
sind, beweist die Thatsache, dass die Lagerstätte des Steinsalzes in Stassfurt circa 
1200 m unter Tage sich befindet, in dem unmittelbar daran stossenden anhaltinischen 
Leopoldshall nur 70m; ein direetes Zutagetreten des Steinsalzes ist dem Referenten 
in der norddeutschen Tiefebene nicht bekannt. Das Zutagetreten ist beim Stein- 
salz überhaupt selten; eine Ausnahme macht Cordona in Spanien, wo es als 
100m hoher Berg, gewissermaassen wie ein Salzgletscher zu Tage tritt; in ge: 
wissem Sinne könnte man auch das Auswittern des Steppensalzes als ein Zutage- 
treten betrachten. In den weitaus meisten Fällen finden. sich die Salzlager in 
ziemlicher Tiefe unter der Oberfläche. Die Mächtigkeit der Salzstöcke ist sehr 
verschieden ; die Lager der norddeutschen Ebene erreichen — So weit überhaupt 
bekannt — stellenweise eine Mächtigkeit von_ 1500m; z. B. in Sperenberg 
1270 m. 
Die Frage nach der Entstehung und Bildung solcher Salzlagerstätten lässt 
wohl nur eine Antwort zu: ein Salzlager ist der feste Rückstand einer freiwilligen 
Verdampfung oder Verdunstung von in ein natürliches Becken eingeschlossen ge- 
wesenem Meerwasser. Hierfür spricht die Thatsache, dass die Steinsalzlager meist 
neben Chlornatrium auch die accessorischen Bestandtheile des Seewassers enthalten, 
Kalium-. Magnesium-, Brom- und Jodverbindungen, und dass die leichter als Na Cl
	        
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