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letzterer Form findet es sich im Salzkammergut, wo die Gewinnung mittelst der
sogenannten Sinkwerke (s. d.) geschieht. Dort, wo das Steinsalz mehr oder
minder rein vorkommt, wird es bergmännisch gewonnen, Das Vorkommen des
Steinsalzes als Mineral ist an keine geologische Formation geknüpft, vielmehr
findet es sich in allen Formationen vom Silur bis zum Tertiär, ja selbst bis in
die jüngste Region hinein, wie die Steinsalzbildung des Bogdosees und in den
Steppen beweist. Das Steinsalz bildet, ähnlich der Steinkohle, mehr oder minder
mächtige, sich weit erstreckende Lager oder Flötze, oft mit Zwischenlagern von
Thon und Gyps durchsetzt, aber auch häufig ohne diese und dann oft von be-
deutender Tiefe. Solche Salzlagerstätten heissen Salzstöcke. Die mächtigsten
Salzlager finden sich im Zechstein, Trias, Jura und der Kreide. Die grössten
bekannten Salzlagerstätten Europas befinden sich in Wieliezka, Bochnia und
Kaluez in Galizien, Zlatina in Siebenbürgen, im österreichischen und bayerischen
Salzkammergut (Hall, Hallein, Aussee, Ischl, Berchtesgaden), in Schwäbisch-Hall
und Friedriehshall in Württemberg, in Stassfurt, Aschersleben und Erfurt in der
preussischen Provinz Sachsen, Leopoldshall in Anhalt, Sperenberg in der Provinz
Brandenburg, bei Peine in Hannover (1875), Vic und Dieuze in Frankreich,
Northwich und Cheshire in England, Cardona in Spanien, Bachmut, Dekonofka
und Slaviansk in Südrussland (1881). Mit diesen bekannten Salzlagern ist indess
der Steinsalzvorrath Europas noch lange nicht erschöpft, wie durch das Auftreten
starker Soolquellen oder durch das Vorhandensein von Salzseen bewiesen wird,
welche ihren Salzgehalt doch nur einer primären Salzlagerstätte verdanken können.
Wahrscheinlich übersteigen die wirklich vorhandenen Steinsalzlager die bis jetzt
bekannten um ein Vielfaches. Zieht man z. B. durch die 4 bekannten, grossen
Salzlagerstätten der norddeutschen Tiefebene annähernd eine Luftlinie von Stassfurt
über Leopoldshall, Aschersleben nach Erfurt, so liegen auf und neben dieser
Luftlinie die grossen Salinen von Schönebeck, Elmen, Halle, Wittekind, Dürren-
berg, Kösen, Artern, Frankenhausen und der grosse Salzsee bei Oberröblingen
nahe Eisleben und viele kleinere Salinen. Es ist sehr wenig wahrscheinlich, dass
alle diese Salinen von je einem gesonderten Salzlager abstammen; es liegt viel-
mehr die Vermuthung nahe, dass die ganze Gegend von Magdeburg bis über
Erfurt hinaus ein einziges zusammenhängendes Lager sei. Nimmt man hierzu die
märkischen, braunschweigischen (Harzburg) und hannoverschen Salinen (Schöningen,
Salzdetfurt, Salzderhelden) oder Salzwerke (Peine), so dürfte die Vermuthung
nicht unberechtigt scheinen, dass die ganze norddeutsche Tiefebene auf einem
einzigen ungeheuren Salzlager ruht, welches bald in grösserer, bald in geringerer
Tiefe erreicht wird. Wie bedeutend diese Unterschiede oft auf geringe Entfernungen
sind, beweist die Thatsache, dass die Lagerstätte des Steinsalzes in Stassfurt circa
1200 m unter Tage sich befindet, in dem unmittelbar daran stossenden anhaltinischen
Leopoldshall nur 70m; ein direetes Zutagetreten des Steinsalzes ist dem Referenten
in der norddeutschen Tiefebene nicht bekannt. Das Zutagetreten ist beim Stein-
salz überhaupt selten; eine Ausnahme macht Cordona in Spanien, wo es als
100m hoher Berg, gewissermaassen wie ein Salzgletscher zu Tage tritt; in ge:
wissem Sinne könnte man auch das Auswittern des Steppensalzes als ein Zutage-
treten betrachten. In den weitaus meisten Fällen finden. sich die Salzlager in
ziemlicher Tiefe unter der Oberfläche. Die Mächtigkeit der Salzstöcke ist sehr
verschieden ; die Lager der norddeutschen Ebene erreichen — So weit überhaupt
bekannt — stellenweise eine Mächtigkeit von_ 1500m; z. B. in Sperenberg
1270 m.
Die Frage nach der Entstehung und Bildung solcher Salzlagerstätten lässt
wohl nur eine Antwort zu: ein Salzlager ist der feste Rückstand einer freiwilligen
Verdampfung oder Verdunstung von in ein natürliches Becken eingeschlossen ge-
wesenem Meerwasser. Hierfür spricht die Thatsache, dass die Steinsalzlager meist
neben Chlornatrium auch die accessorischen Bestandtheile des Seewassers enthalten,
Kalium-. Magnesium-, Brom- und Jodverbindungen, und dass die leichter als Na Cl