Full text: Salpetersäure - Thonschiefer (9. Band)

586 TABAK., 
sammen ; die wohlriechenden Stoffe des Tabaks, welche allgemein schon bei einer 
Temperatur flüchtig sind, die unterhalb der Verkohlungstemperatur liegt, kommen 
in diesem Falle umso mehr zur Geltung, weil ihre Wirkung nicht durch den . 
scharfen Geruch anderer schwerflüchtiger hbrenzlicher Destillationsproducte ver- ' 
deckt ist. Wenn nämlich eine grössere Menge Tabak vor dem Verbrennen ver- u 
kohlt, so wird die Stelle, wo das Verkohlen eben beginnt, weiter vom Feuer . 
entfernt; bei der hierdurch bedingten niederen Temperatur derselben entstehen 
zahlreiche übelriechende brenzliche Stoffe, die desto schwerer zerstört werden, je 
entfernter der verkohlende Theil von dem Feuer der Cigarre ist. 
Nach EULENBERG und VOHL soll sich im Rauch der Cigarre mehr Collidin a 
und im Rauche der Pfeifen mehr das flüchtige Pyridin finden. Auf den Orga- Sa 
nismus wirkt das bei 117° siedende Pyridin viel gelinder, als das bei179° siedende 
Homologe desselben, das Collidin (Trimethylpyridin). Es ist nämlich nach HARNACK 
und MEYER die Wirkung sämmtlicher Pyridinbasen qualitativ gleichartig, jedoch ) 
umso intensiver, je höher ihr Siedepunkt liegt. Die Erscheinungen, welche sich 7 
beim erstmaligen Rauchen einstellen, zeigen eine grosse Aehnlichkeit mit den nach ' 
Einathmen der Dämpfe von Pyridin auftretenden: Uebelkeit, Gliederzittern, 
Schwindel, Kopfschmerz. Ausser den Pyridinbasen kommt dem Kohlenoxydgas 
eine wesentliche Rolle bei der Wirkung des Tabakrauches zu. Das CO, zu 5 bis nl 
10 Procent im Tabakrauch vorhanden, wirkt schon durch seine Menge energischer, n 
wie die oben erwähnten Pyridinbasen. FOkK£ER fand bei Thieren nach Aufenthalt TS 
in mit Tabakrauch geschwängerter Luft schon nach einer Stunde nachweisbare 9 
Mengen von CO im Blute. Das Kohlenoxyd hindert eine bestimmte Menge Hämo- 
globin an der Aufnahme von Sauerstoff, also bei der Athmung mitzuwirken; es 
werden demnach geringe Mengen von Kohlenoxyd, welche nicht hinreichen, Asphyxie 
zu erzeugen, immerhin dieselben Folgen haben wie die Blutleere, sie werden zu 
Kopfschmerz, gestörter Verdauung, zu Neuralgien disponiren. x 
Das im Rauch enthaltene Ammoniak reizt die Speicheldrüsen, Wenn auch ein hr 
Theil des Nicotins beim Rauchen in Spaltungsproducete zerlegt wird, so ist die N 
Annahme doch nicht gerechtfertigt, dass im Tabakrauch gar kein Nicotin vor- 
handen sei. Das Nicotin findet sich schon unter jenen Stoffen, welche der Tabak an bau 
Wasser und an den Speichel abgibt, ausserdem verflüchtigt es sich von der eben En 
verkohlenden Stelle des Tabaks schon bei niederer Temperatur. 
In jenen Gaben, in denen das Nicotin im Tabakrauch vorkommt, wirkt es als 7 
Herzgift. Raucher zeigen durchwegs eine höhere Pulsfrequenz, wie Nichtraucher — 
gleicher Constitution. Jahrelanges Rauchen starker Cigarren führt zu fettiger Ent- ke 
artung des Herzens. Aussetzender Puls, Herzschwäche, Athemnoth sind häufig A 
Zeichen des chronischen Nicotinismus. 
Durch die brenzliehen Bestandtheile des Rauchens werden die Schleimhäute & 
der Mundhöhle und des Rachens gereizt, auch die ersten Verdauungswege werden N 
bald in Mitleidenschaft gezogen; andererseits wird durch das Rauchen bei vielen 
Leuten die Peristaltik des Darmes angeregt, auch wird die diastatische Wirkung 
des Speichels und die Pepton bildende des Magensaftes durch den Tabak nicht Mu 
herabgesetzt. Bei starken Rauchern werden als Störungen des Centralnervensystems 
Ohnmachten, häufiger noch Schlaflosigkeit, Schwindel beobachtet. 7 
Uebermässiges Rauchen führt zu eigenthümlichen Seh- und Gehörsstörungen, N 
auch zur Abschwächung des Gedächtnisses. Dass das Rauchen auch die Entstehung 
des Lippenkrebses bewirke, dafür liegen noch keine sicheren Belege vor. Im All- Da 
gemeinen hält man das Pfeifenrauchen für weniger schädlich als das Cigarren- . 
rauchen, weil im ersteren Falle, besonders wenn man ein langes Rohr benützt, N 
viel weniger, Nieotin und andere schwerflüchtige Stoffe mit dem Rauch in den 7 
Mund gelangen. Da der hinter der Kkohlenden Stelle der Cigarre befindliche N 
Theil die schwerflüchtigen Destillate deponirt enthält, so wird die Cigarre 
umso reicher an Nicotin und den übrigen fixen Rauchproducten, je länger sie ge- nn 
raucht wird, sie schmeckt daher, je näher dem Mundende, desto stärker.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.