THEERFARBSTOFFE. — THEERFARBSTOFFE ALS ARZNEIMITTEL, 673
Hartes Wasser muss zuerst weich gemacht oder mit Essigsäure neutralisirt
werden. Viele Farbstoffe des Handels sind mit harzartigen Substanzen verunreinigt
welche vor dem Gebrauch abzufiltriren sind. )
In Wasser unlösliche, in Weingeist lösliche Farbstoffe führen die Bezeichnung
„Spirituslöslich‘“, die „wasserlöslichen“ Farbstoffe sind zum grossen Theil auch
in Weingeist löslich.
Der zum Auflösen verwendete Spiritus soll möglichst rein sein und nament-
lich weder Aldehyd noch Aceton enthalten, da diese Körper auf einige Farbstoffe
verändernd einwirken. Spiritus wird am besten in der Weise auf seine Reinheit
geprüft, dass man ein wenig Fuchsin darin auflöst und beobachtet, ob die Farbe
der Lösung beim Erwärmen nicht in’s Violette zieht. Zum Vergleich stellt man
daneben eine gleich intensiv gefärbte Lösung in reinem Alkohol her.
Zum Auflösen in Spiritus bedient man sich kupferner oder eiserner emaillirter
Kesselchen mit aufschraubbaren Deckeln und erwärmt im Wasserbade.
Namentlich im Zeugdruck wird von der Löslichkeit vieler Theerfarben in Essig-
' säure, Glycerin, Gummi- und Leimwasser Anwendung gemacht. Die Farbbasen
| lösen sich in Fettsäuren zu Fettfarben auf.
> Die meisten Theerfarben färben thierische Fasern substantiv und zeigen zu
(9niheer, Bd, II, vegetabilischen Fasern keine oder nur sehr geringe Verwandtschaft. Eine Aus-
8, TIL, pag, 453, nahme machen einige Tetrazofarbstoffe (Congoroth, Azoblau ete.), welche Baum-
Benedikt, wolle substantiv anfärben.
Unter den Theerfarben gibt es auch eine Anzahl ausgezeichneter adjectiver
Farbstoffe, so die Anthracenfarben und das Coerulein, Ferner können namentlich
erfarbstodie wurden die basischen Farbstoffe, welche Seide und Wolle substantiv färben, nach dem
Jereitet werden, in Tanninverfahren auf Baumwollen adjectiv befestigt werden.
Angetheilt, Mit der Ausser in der Färberei und im Zeugdruck verwendet man die Theerfarben
er als anzulänglich zum Färben von Leder, Federn, Elfenbein, Stroh und Papier ete., zur Herstel-
Awei oder mehrere lung von Farblacken und Tinten, zur Erzeugung farbiger Firnisse, Fette und
Aeilung: der Theer- Seifen, als optische Sensibilatoren in.. der Photographie, zum Färben mikro-
tom... wobel vor- skopischer Präparate u. s. w Benedikt.
Tal Theerfarbstoffe als Arzneimittel. An einigen Theerfarbstoffen ist beob-
ar 887 mer achtet worden, dass sie hohe, die Entwickelung von Baeterienkeimen hemmende
Eigenschaften besitzen, so z. B. nach BEHRING Safranin noch in einer Ver-
dünnung über 1:25000, Cyanin und Malachitgrün 1:40000.
Als die Eitererreger tödtend erkannte STILLING das Methylviolett 1:30000
noch wirksam und das Auramin,
Von den bei baeterioskopischen Arbeiten gemachten Beobachtungen ausgehend,
dass Bakterien und deren Keime Theerfarbstoffe sehr leicht in sich aufspeichern
und dabei absterben, hat STILLING nun die Theerfarbstoffe aus folgenden Gründen
als Antiseptica empfohlen:
1. Sie sind als völlig ungiftig zu bezeichnen ;
2, sie sind geruchlos;
3. sie sind sehr diffusionsfähig ;
4. sie coaguliren Eiweiss nicht, was man keinem einzigen der bisher ange-
wandten antiseptischen Mittel nachrühmen kann;
5. ihre antibaeterielle Kraft kommt der des Sublimats am nächsten.
Im Besonderen sind es Methylviolett und Auramin, die zu dem ge-
nannten Zwecke, unter den Handelsnamen Pyoktaninum”*) coeruleum für ersteres
und Pyoktaninum aureum für letzteres, in Pastillen und Pulverform zur Herstel-
lung von Lösungen, in Form von Stiften, als Streupulver, in Verbandstoffen u. 8. w,
in den Handel gekommen sind.
Zur Irrigation werden wässerige Lösungen 1:2000—5000 verwendet; zum
Einlegen der Instrumente dienen Lösungen 1:10000—20000; für die Impräg-
i *) Der Name ist abgeleitet von zUov Eiter und «t&vw tödten,
Real-Enecveclopädie der ges. Pharmacie, IX.
43