Full text: Darstellung, Entwicklung und Kritik der Leibnitz'schen Philosophie (5. Band)

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nehmen; jo wäre er nicht die Quelle der nothwendigen Wahrheiten, 
was er doch wirklich ist. Denn ist es nicht unleugbar , daß die Sinne : 
nicht hinreichen, um etwas als nothwendig zu erkennen, und daß M 
folglich der Geist eine eben so aktive als passive Anlage in sich hat, A 
sie aus seinem eigenen Vermögen hervorzuziehen , obgleich die Sinne T 
nothwendig sind, um ihm die Anregung und Aufmerksamkeit darauf zu 
geben? So viele Erfahrungen und Beobachtungen man auch über eine 
allgemeine Wahrheit angestellt haben mag, so kann man doch nie durch 
Induktion , ohne durch die Vernunft ihre Nothwendigkeit zu erkennen, 
ihrer Allgemeinheit versichert sein. “ Durch Induktion werden nie GE 
wahrhaft allgemeine Sätze gegeben , indem immer die Gewißheit 
fehlt, daß man alle Individuen geprüft hat.“ „Der ursprüngliche 
Beweis von den nothwendigen Wahrheiten kommt allein aus der Ver- . 
nunft. “ „Das Princip von ihrer Gewißheit liegt in uns selbst. 
„Die Sinne können diese Wahrheiten wohl uns zugänglicher machen t 
und bekräftigen, aber sie können uns nun und nimmermehr ihre unfehl- 
bare und beständige , ausnahmslose Gewißheit beweisen. “ „Man kann 
daher sagen, daß die ganze Arithmetik und Geometrie in uns der Kraft 
nach liegt, so daß wir, um ihre Säge zu entdecken, nur das, was schon 
in uns ist , aufmerksam betrachten und ordnen dürfen , ohne irgend eine 
durch die Erfahrung oder die Tradition erworbene Erkenntniß dazu 
nöthig zu haben. Diese Wissenschaften kann man sich auf seinem Zim- 
mer mit verschlossenen Augen verschaffen , ohne vorher durchs Gesicht 
oder Gefühl die hierzu nöthigen Wahrheiten erlernt zu haben; ob es 
gleich wahr ist, daß uns diese Ideen nie Gegenstand würden, wenn man | 
nichts besehen , noch befühlt hätte ; denn das ist eine wunderbare Ein- 
richtung unserer Natur , daß wir selbst zu unseren abstrakten Gedanken 
immer noch etwas Sinnliches nöthig haben , und jollte dieses weiter 
auch nichts sein , als solche Zeichen , wie die Figuren der Buchstaben 
und die Töne sind , obgleich zwischen solchen willkührlichen Zeichen und 
dem Gedanken kein nothwendiger Zusammenhang stattfindet. Aber das
	        
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