Full text: Pierre Bayle (6. Band)

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u—— Grund der Bibel hin zur Ehe entscheidet, der wird sich auch nicht aus 
sich selbst zu dieser oder jener Person entscheiden. Die Person ist in der 
Ehe nicht gleichgültig; es ist vielmehr nur Eine, welche gewählt wird. 
Welche soll ich wählen? das ist hier die Hauptsache. Die Heirath ist 
erlaubt, ist unsuͤndlich, ist christlich; gut; aber wird sie nicht oft durch 
den Gegenstand der Heirath sündlich? Nur die von Gott mir bestimmte 
Braut ist die rechte, ist die, welche ich nehmen darf. Aber welche ist 
diese? meine Nachbarin, meine ehemalige Schulgefährtin und Jugend⸗ 
bekannte, oder die, welche ich auf eine ganz seltsame Weise kennen lerne 
und auf der Stelle liebe, wie ich sie erblicke? Aber verlasse ich mich hier 
nicht auf meinen augenblicklich entscheidenden subjektiven Geschmacks— 
sinn? Wie trüglich sind diese Kennzeichen! Gebraucht nicht auch oft 
der Verführer — ach! nur zu oft — die nämlichen Wege, wie z. B. 
einen ganz seltsamen Zufall, der uns ein Frauenzimmer, dem wir selbst 
auf alle mögliche Weise auswichen, plötzlich entgegenführt? Können 
wir unterscheiden, ob das gute oder böse Princip uns diese Person ge⸗ 
schickt hat? Selbst wenn ich christliche Eigenschaften, christlichen Glauben 
zur unerläßlichen Bedingung meiner Wahl mache, was hilft das? Ist 
denn die Christin nicht vielleicht auch nebenbei reich, oder vornehm, oder 
angenehm im Umgang, oder auch schön von Körper, oder gar alles, 
oder doch mehreres zusammen? Heirathe ich denn nur die fromme 
Christin, abgetrennt von diesen reizenden Nebenbei's? Ist nicht vielleicht 
die Person an und für sich die Hauptsache, die Christin nur die — wenn 
auch ausbedungene — Nebensache in meiner Wahl? Vermischen sich 
wenigstens nicht vielleicht auf diesem dunkeln Gebiete, dem Gebiete der 
Neigung, des Gefühls, ganz unbewußt unreine, unchristliche Gründe 
mit meinem christlichen Sinn? Kann ich also gewiß sein, daß meine 
Heirath eine christliche, gottwohlgefällige ist? Nein! Untrüglich ist nur, 
was in der Schrift steht. Gewiß ist mir diese Person nur dann die von 
m Gott bestimmte Person, wenn ich aus der Apokalypse oder sonst einer 
n art biblischen Schrift ihren Namen, ihren Stand, ihre Person bis aufs
	        
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