der Heiland, Gott in eigener Person, hing und schmachtete, nicht mirakulöse Eigen— n
schaften besitzen? Theilen wir den Gegenständen, die wir berühren, nicht auch die l
Merkmale unserer Individualität mit, die ein feinerer Sinn selbst als die unserigen luht
erkennt? Wo der Begriff der Persönlichkeit nicht diese Folgen hatte oder hat, da ist ur
die Ursache allein der Verstand, der sich überall zwischen das Princip und seine noth⸗ cl
wendigen Consequenzen in die Mitte hineinstellt, um durch die Abläugnung der Con— a
sequenzen das Prineip zu retten?). — Es wäre lächerlich, wie schon oben angedeutet, mn
ja es wäre eine offenbare Lüge, zu behaupten, daß der Zorn Gottes, sein Ambitions— m
geist, seine Empfindlichkeit für Beleidigungen unschuldige Anthropomorphismen sind, u
die nicht im eigentlichen, sondern nur bildlichen Sinne zu nehmen seien. So spricht n
nur der Verstand, der durch allerlei jesuitische Kniffe den Glauben zu rechtfertigen n
sucht, aber nicht der Glaube selbst, nicht das religiöse Gemüth, nicht die Nothwendig— m
keit der Sache. Die Geschichte des Christenthums hat es nur zu sehr bestätigt, hat F
es selbst mit dem Blut der Ketzer und Gotteslästerer besiegelt, daß der Zorn und Ehr⸗ n
geiz Gottes alle besondern Kennzeichen und Merkmale eines wirklichen, nicht nur *
so vorgespiegelten und vorgestellten Zornes und Ehrgeizes an sich besitzt. Zur ewigen
Schande der Christenheit sind sogar diese Vorstellungen als Strafgründe in die Ge— —
setzbücher Justinians und Maximilians aufgenommen worden. — Si enim, heißt es 52—
in Justinians Novellen (Novell. constit. LXXVII) contra homines factae blasphemiae 5*8*
impunitae non relinquuntur, multo magis, qui ipsum Deum blasphemant, digni sunt 73
supplicia sustinere. .... Propter talia enim delicta (nämlich Blasphemien, Schwü— **
ren bei den Haaren Gottes, unnatürlichen Schwelgereien) et kames et terrae 2—
motus et pestilentlae fiunt. Eben so, wie hier, werden in der Constitution, 77*
die Maximilian J. 1495 gegen die Gotteslästerer erließ, als Grund der Bestrafung die 3
großen Landplagen angeführt, die wegen des Verbrechens der Gotteslästerung der — *
erzürnte Gott über die Menschen verhängt. Und diese Vorstellungen finden sich selbst * *
noch bei den Criminalisten des vorigen Jahrhunderts. So heißt es in Frölich v. Frö— *8
lichsburgs Commentarius in d. peinlichen Halsgerichtsordnung 1720: „Unter diesen 8
Oelictis) ist die schwäriste Uebelthat die Gotteslästerung, wodurch Hunger, Krieg,
Pest und Erdbiden zum Untergang und Verderben gantzer Länder verursacht werden.
Und weilen hierdurch der Allmächtige Gott höchstens verletzt wird, als pflegen die 2
Criminalisten dieses Laster vor den andern zu tractieren.“ (Anderter Tractat. J. B. *
2. Tit. S. 7.) — Der Centralpunkt der innerlichen Entsittlichung der christlichen
) Meiners in s. Allgem. Kritischen Geschichte der Religionen 1806. 1. B. S. 364 bemerkt, 3
daß „man unter den Griechen und Römern weder solche Reliquien, noch einen solchen Reliquien⸗ u
dienst fand, dergleichen früh unter den Christen entstanden und von den Christen zu den Mahome— in
danern übergingen,“ ... „daß der Reliquiendienst fast ganz allein auf monotheistische Völker dun
beschränkt geblieben ist.“ Uebrigens kann man den Reliquienkultus keineswegs dem Katholicismus 5
aufbürden. Schon in der Bibel haften Wunderkräfte an dem Kleide Christi, an den Schweiß— —
tüchern und andern Kleidungsstücken der Apostel. „Nach solchen Beispielen, bemerkt mit Recht lantt
Meiners, ist es viel weniger zu verwundern, daß man Christum, die Apostel und Märtyrer sammt i
ihren Reliquien gottesdienstlich ehrte, als daß man es nicht viel früher that, als es wirklich ge— i
schehen ist.
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