Full text: Pierre Bayle (6. Band)

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m t verläugneten, was ihr Herz glaubte, die nur deßwegen so neugierig mit dem Verstande 
waren, weil sie einfältig und arglos von Herzen waren, nur deßwegen so detaillirten 
die Gegenstände des Glaubens, weil sie ihnen wirkliche Dinge, so ausgemachte, 
sonnenklare Dinge waren, wie uns nur immer eine empirische Wahrheit ist, weil ihr 
Glaube ein handfester, grober, aber natürlicher Glaube war, ein Glaube, der sich von 
selbst verstand, nicht so ein geschraubtes, affektirtes, nervenschwaches Ding, wie es 
der eingebildete Glaube der modernen Welt ist — die scholastischen Theologen, sage 
ich, beschäftigten sich viel mit den wunderbaren Eigenschaften dieses Körpers. So 
de sagt z. B. der Magister Sententiarum, übrigens nach dem Vorangang des h. Augustin 
— (De civit. Dei lib. XIV. c. 16 - 26), cui contradicere, wie Albertus Magnus sagt, 
uhlt und impium est in his, quae tangunt sidem et mores, daß, wenn die ersten Eltern nicht 
Gelt gesündigt hätten, sicut alia membra corporis aliis admovyemus, ut manum ori sine 
sn d hr⸗ ardore libidinis, ita genitalibus uterentur membris sine aliquo pruritu carnis. (Petri 
welsenun Lombardi Sentent. lib. II. distinet. 20. cap. 1.) Noch specieller aber geht Albertus 
nr My Magnus in diese Materie ein. (Dessen Summa P. II. tract. 14., quaest. 84.) Hier 
irb kommt unter andern wunderbaren Eigenschaften von den Körpern der ersten Eltern 
T auch diese vor, daß sie bewahrt waren a dolore pressiyo, etiamsi lapidum onera supe- 
u tu rius projecta fuissent. Ja noch im vorigen Jahrhundert behauptete Leß, „daß im 
nm s Stande der Unschuld, jene verbotene Frucht ausgenommen, nichts, kein Biß der Thiere, 
61 kein Schlag eines Körpers die ersten Menschen verletzen und verwunden, nichts also 
huu auch in ihnen Schmerzen erregen gekonnt hätte, und daß alle Passibilität des mensch— 
uun lichen Körpers allein vom Genuß jener giftigen Frucht entstanden wäre.“ (Gei 
in Gabler a. a. O. p. 50.) Selbst keine Speisen bedurfte der ursprüngliche menschliche 
m Körper nach der Meinung angesehener christlicher Theologen. (Siehe Petavius, De 
* opisicio 1. I. c. 7.) „Der Körper Adams, heißt es bei Thomas Aquino (Summa 
p. I. quaest. 97. art. 3), aber im Sinne Anderer, verlor Nichts, denn er war ein 
unverwüstlicher Körper, also bedurfte er auch zum Ersatz des Verlornen keine Speisen. 
Die Ernährung ist nicht ohne Leiden, aber der Körper Adams war ohne Leiden. Auf 
den Genuß von Speisen folgt die Ausscheidung des Ueberflüssigen, aber diese ist etwas 
Häßliches, was sich nicht für die Würde des Urstandes schickt. Also nahm Adam 
keine Speisen zu sich?“ Wie daher der Körper Adams mit seinen wunderbaren Eigen— 
schaften in diesen unsern elendigen, sterblichen Körper überging — dieser Uebergang, 
mein lieber Leibnitz! ist, du magst sagen, was du willst, ein Wunder — ein Wunder 
des Zorns, wie die Erlösung ein Wunder der Liebe. — Leibnitz möge daher jedem 
het un Philosophen zu einem warnenden Beispiel dienen, daß er nicht die theologischen Dog— 
95 men vertheidigen oder gar demonstriren wolle, wenn er nicht ein eben so geistloses, als 
m wahrheitsloses und unfruchtbares Spiel treiben will. 
nhr 26) Die Theologen sahen wohl ein, daß es der Gerechtigkeit widerspricht, die 
hwridh Sünden der Väter an der Nachkommenschaft zu strafen. Aber sie halfen sich auch 
T hier, wie in allen andern Materien, um den Widerspruch des Dogmas mit der Ver— 
pu nunft zu heben, mit einer köstlichen Finte oder, richtiger, Lüge. Sie sagten nämlich: 
n wir alle mit einander haben bereits in Adam gesündigt, dieser Eine Adam war alle 
zruehur · Menschen, als er sündigte — gewiß ein sehr tiefsinniger Gedanke für alle jene
	        
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