Full text: Pierre Bayle (6. Band)

nicht menschliche Tugend ist die Jungferschaft. O angelicae imitationis non humans 
in hominihus virtus! Die Tugenden, sagt der Cardinal Marcus Vigerius Wecachor— 
dum Christianum. 1517 Chorda I. de Virg. Excell.), welche sich auf diesen irdischen 
vergänglichen Staat beziehen, sind „wie sie die Platoniker richtig nannten, nur pur— 
girende, reinigende, aber nicht selbst reine Tugenden, denn sie stehen nur in der Milte 
zwischen zwei entgegengesetzten Fehlern. Aber der ewige Staat, wo alle irdische Noth 
und Materie wegfällt, hat weit vortrefflichere, hat absolute, makellose, lautere Tugen⸗ 
den, Tugenden des nicht zu reinigenden, sondern schon gereinigten Geistes. Eine solche 
Tugend ist die Virginität. 
n 41) Den Cartesianismus vertheidigte Bayle gegen de la Ville (ein fingirter 
e Name) in seiner Disserkation ou on dékend contre les Péripatéticiens les raisons par 
mnmn lesquelles quelques Cartésiens ont prouve que Fessence du corps consiste dans lPéten- 
bge due. (Oeuv. diy. T. IV. p. 109 ete.) Auch in seinen Theses philosophiques (eben⸗ 
thtuln daselbst) — offenbar die Thesen, welche er bei seiner Habilitirung auf der Universität 
zu Sedan aufstellte, denn in einem Briefe erwähnt er sie mit der Bemerkung, daß der 
schwierige Begriff der Zeit, welcher eben auch hier vorkommt, unter diesen Thesen sich 
befand — spricht sich B. als Cartesianer, jedoch nur als bedingten, kritischen 
Cartesianer aus. Diese Thesen sind deßwegen besonders interessant, weil wir schon 
hier fast den ganzen Bayle mit allen seinen Tugenden und Fehlern compendiös bei— 
m sammen haben. Wir haben B. den Mittelsmann zwischen Extremen, gleich in der 
ersten These, wo er gerade, wie Leibnitz, mit dem er überhaupt viel Aehnlichkeit hat, 
den neuern Philosophen den Vorwurf macht, daß sie von dem Extreme der Ueber— 
schätzung der Dialektik bei den Scholastikern in das andere Extrem der Gering— 
u r schätzung, ja Verachtung der Logik gefallen seien, daß man überhaupt die Scho— 
nunlise lasliker nicht so ganz und gar verachten dürfe, daß manches Gute in ihnen enthalten 
hen n wäre. Wir haben hier B. den Cartestaner, wie schon gesagt, aber auch B. den 
I— Nicht-Cartesianer, den freien Denker, den schwer zu Befriedigenden, den Schwie⸗ 
wfn dir Nir⸗ rigkeitsmacher, so in der Behauptung, daß die bisherigen Erklärungen der Bewegung, 
ill ihre hu der Zeit nichts taugten, ja die Zeit wahrhaft unerklärlich sei. Wir haben hier ferner 
w illt seine Antipathie gegen den Pantheismus. (Thèse III.) Wir haben B., den Viel— 
h wn v wisser, ihn, dessen Lieblingsthema die Verschiedenheit und Wandelbarkeit der Mei— 
wm nungen ist. (Thèse X.) Wir haben seinen Scharfsinn von seiner negativen Seite 
v — den Scharfsinn des Zufalls, den Scharfsinn aufs Geradewohl, den sich selbst 
3 überlassenen Scharfsinn, der, weil er keine substanzielle Idee zum Princip und 
Kriterium hat, selbst ins Gegenstandlose, ja Ungereimte zu fallen risquirt (so 
Th. IX. N. ) — aber auch den Scharfsinn von seiner positiven Seite, den 
Scharfsinn der Gründlichkeit und Nothwendigkeit, der bemerkt und unterscheidet, 
was man bemerken und unterscheiden muß, den Scharfsinn des wahren Den⸗ 
kers — so, wenn er sagt, zwar in Uebereinstimmung mit Cartesius, aber doch 
viel gründlicher und tresflicher den Gedanken entwickelnd: une chose pensante doit 
etre une. Das ist Cartesisch, das Folgende sein.) En esset si elle étoit eomposée 
de plusieurs substances, comme notre corps est composé de plusieurs membres, 
elle ne pourroit jamais voir un objet entier, et Lune de ses parties verroit une 
Feuerbach's sämmtliche Werke. VI. 
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