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und Beschaffenheit? Ist es also nicht eben so thöricht, sich die Welt in
der Zeit entstanden zu denken, als wenn ich mir das Wesen eines Dings
erst in den Folgen dieses Wesens entstanden denke? Ist es nicht eben so
unsinnig, sich einen zeitlichen Punkt als den Anfang der Welt zu den⸗
ken, als den Fall des Wassers sich als den Ursprung des Wassers zu J
denken? Sehen wir nun aber nicht aus dem bisher Angeführten, daß
das Wesen und die Eigenschaften der Welt und das Wesen und die Ei—
genschaften Gottes dieselben sind, daß Gott sich nicht von der Welt Wist
unterscheidet, daß Gott nur ein von der Welt abstrahirter Begriff, Gott 1
nur die Welt in Gedanken, die Welt nur der Gott in Wirklichkeit oder
der wirkliche Gott ist, daß die Unendlichkeit Gottes nur von der Unend— 3
lichkeit der Welt, die Ewigkeit Gottes nur von der Ewigkeit der Welt, RL
die Macht und Herrlichkeit Gottes nur von der Macht und Herrlichkeit jrn
der Natur abgezogen, nur aus ihr entstanden, von ihr abgeleitet ist?
Der Unterschied zwischen Gott und Welt ist nur der Unterschied zwischen
Geist und Sinn, Gedanken und Anschauung; die Welt als Gegenstand
der Sinne, namentlich der körperlichen Sinne, wie des groben Tastsinns,
ist die Welt, die eigentlich sogenannte Welt, dagegen die Welt als Ge—
genstand des Gedankens, des das Allgemeine von den Sinnen abziehen—
den Denkens ist Gott. Aber wie das Allgemeine, das der Verstand
von den sinnlichen Dingen abzieht, ein, wenn auch nicht unmittelbar,
doch mittelbar Sinnliches, ein dem Wesen, der Sache, wenn auch nicht
der Form nach Sinnliches ist (denn der Begriff des Menschen ist ja ver—
mittelst der Menschen, der Begriff des Baumes vermittelst der Bäume, um
welche die Sinne mir zeigen, etwas Sinnliches), so ist auch das Wesen
Gottes, obwohl es nur das gedachte, abgezogene Wesen der Welt ist,
doch ein mittelbar sinnliches Wesen. Gott ist allerdings kein sinnliches
Wesen, wie irgend ein sichtbar oder handgreiflich begränzter Körper, wie
der Stein, die Pflanze, das Thier, aber wenn man nur deßwegen dem
Wesen Gottes die Sinnlichkeit absprechen wollte, so muͤßte man sie auch
der Luft, auch dem Licht absprechen. Selbst da, wo der Mensch sich