frei, nicht aus Achtung vor der Wissenschaft, sondern vielmehr nur aus
Geringschätzung wegen ihrer sei's nun wirklichen oder vermeintlichen
Einflußlosigkeit und Gleichgültigkeit für das öffentliche Leben. Was
war also in dieser Zeit zu thun, zumal wenn man sich bewußt war, dem
herrschenden Regierungssystem entgegenge etzte Gedanken und Gesin—
nungen zu hegen, als daß man in die Einsamkeit sich zurückzog und des
schriftlichen Worts bediente, als des einzigen Mittels, wodurch man
sich, freilich auch mit Resignation und Selbstbeherrschung, der Imper—
tinenz der despotischen Staatsgewalt entziehen konnte. Es war übrigens
keineswegs nur politischer Abscheu, der mich in die Einsamkeit verbannte
und zum schriftlichen Wort verdammte. Wie ich mit dem politischen
Regierungssysteme der Zeit in fortwährender innerlicher Opposition lebte,
so war ich auch mit den geistigen Regierungssystemen, d. h. den philo—
sophischen und religiösen Lehrsystemen zerfallen. Um aber über die
Gegenstände und Ursachen dieses Zwiespalts mit mir ins Reine und
Klare zu kommen, dazu bedurfte ich anhaltender, allseitig ungestörter
Muße. Wo findet man aber diese mehr, als auf dem Lande, wo man
von allen bewußten und unbewußten Abhängigkeiten, Rücksichten, Eitel—
keiten, Zerstreuungen, Intriguen und Klatschereien des Städtelebens
befreit, nur auf sich selbst verwiesen ist? Wer glaubt, was Andere glau—
ben, lehrt und denkt, was Andere denken und lehren, kurz wer in sei es
nun wissenschaftlich oder religiös gläubiger Gemeinschaft mit Andern
lebt, der braucht sich nicht von ihnen auch leiblich zu trennen, der hat
nicht das Beduͤrfniß der Einsamkeit, wohl aber der, der seinen eigenen
Weg geht, oder gar mit der gesammten gottesgläubigen Welt bricht und
nun diesen Bruch rechtfertigen und begründen will. Dazu gehört freie
Zeit und freier Raum. Unkenntniß der menschlichen Natur ist es, wenn
man glaubt, daß man an jedem Orte, in jeder Umgebung, in jedem
Verhältniß und Stande frei denken und forschen könne, daß dazu nichts
weiter erfordert werde, als der eigene Wille des Menschen. Nein! zum
wahrhaft freien, rücksichtslosen, extraordinären Denken, soll dieses we—