Full text: Vorlesungen über das Wesen der Religion (8. Band)

thätigsten, wie z. B. die Aegypter den Nil, die Inder den Ganges; 
die Quelle, aber nicht jede, sondern die durch besondere Eigenschaften 
sich auszeichnende Quelle, wie z. B. die alten Deutschen besonders die 
Salzquellen verehrten; die leuchtenden Himmelskörper, aber nicht jeden, 
sondern den hervorragendsten, die Sonne, den Mond, die Planeten 
oder sonst ausgezeichnete Gestirne; oder sie verehrt das menschliche We— 
sen, aber nicht in jeder beliebigen Person, sondern in der Person eines 
schoöͤnen Menschen, wie die Griechen, z. B. die Aegestaner, den Philipp 
von Kroton, ob er gleich in ihr Land eingefallen, vergötterten, weil er 
der schönste Mann war, oder in der Person eines Fürsten, eines Des— 
poten, wie die Orientalen, oder in der Person eines um das Vaterland 
verdienten Helden, wie die Griechen und Römer, oder das Wesen des 
Menschen im Allgemeinen, den Geist, die Vernunst, weil ste diese für 
das Herrlichste, Vorzüglichste, Höchste hält. Aber wie ich die Liebe, 
die Ehre, welche ich die sem Weibe erweise, auch einem anderen Weibe 
erweisen kann, so kann ich auch die Ehre, die ich diesem Baume erweise, 
auch einem anderen erweisen, gleichwie die Deutschen die Eiche, die Sla— 
ven die Linde verehrten; so kann ich die Ehre, die ich dem abgezogenen 
Wesen des Menschen, dem Geiste bezeige, auch dem wirklichen, indivi— 
duellen Menschenwesen, die Ehre, die ich dem abgezogenen Wesen der 
Natur und als Ursache derselben gedachten Wesen, dem Gott, dem 
Schöpfer bezeige, auch dem sinnlichen Wesen der Natur, der Creatur 
bezeigen; denn das sinnliche Wesen, die Creatur hat alle Sinne des 
Menschen für sich, das unsinnliche Wesen aber alle Sinne gegen 
sich und übt daher eine weit geringere Macht über den Menschen aus. 
Daher entspringt die Eifersucht der Religion, die Eifersucht ihres Gegen— 
standes, Gottes. Ich bin ein eifersüchtiger Gott, heißt es von Jehovah 
im Alten Testamente. Und diesen Spruch haben die Juden und Chri— 
sten in tausendfältigen Variationen wiederholt. Eifersüchtig ist aber 
Gott oder wird er vorgestellt, weil die Gefühle oder Affecte und Gesin— 
nungen der Ergebenheit, der Liebe, der Verehrung, des Vertrauens, 
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