Achtundzwanzigste Vorlesung.
Der Mensch verwandelt also seine Gefühle, Wünsche, Einbildun—
gen, Vorstellungen und Gedanken in Wesen, d. h. das, was er wünscht,
vorstellt, denkt, gilt ihm für ein Ding, selbst außer seinem Kopfe, wenn
es gleich nur in seinem Kopfe steckt. „Alle Gegenstände des Ge—
dankens, sagt Kleuber in seinem Zendavesta von der Ormuzdreli—
gion, aber es gilt von jeder, nur daß die Gegenstände nicht dieselben
sind, alle Gegenstände des Gedankens (d. h. hier alle Gedankenunter—
schiede oder Gedankenwesen) sind hier zugleich wirkliche Wesen und
damit auch Gegenstände der Huldigung“. Daher kommt es auch, daß
der Mensch selbst das Nichts, welches nur ein Gedanke, ein Wort ist,
außer sich hinaus gesetzt hat, und zu der unsinnigen Vorstellung gekom—
men ist, daß vor der Welt Nichts gewesen, daß die Welt sogar aus
Nichts geschaffen sei. Aber der Mensch verwandelt hauptsächlich nur
die Gedanken und Wünsche in Wesen, in Dinge, in Götter, welche mit
seinem Wesen zusammenhängen. So verwandelt z. B. der Wilde jede
schmerzliche Empfindung in ein böses, den Menschen peinigendes We—
sen, jedes Bild seiner Einbildungskraft, das ihn in Furcht und Schrecken
versetzt, in ein teuflisches Gespenst. So verwandelt der humane
Mensch seine menschlichen Gefühle in göttliche Wesen. Unter allen
Griechen hatten allein die Athener, nach Vossius, dem Mitleid, dem
Mitgefühl einen Altar errichtet. So verwandelt der politische Mensch