2227
scheue, ist zugleich Bejahung, der Atheismus verneint nur das vom
Menschen abgezogene Wesen, welches eben Gott ist und heißt, um das
wirkliche Wesen des Menschen an die Stelle desselben als das wahre zu
setzen. Der Theismus, der Gottesglaube dagegen ist verneinend; er
verneint die Natur, die Welt und Menschheit: vor Gott ist die
Welt und der Mensch Nichts, Gott ist und war, ehe Welt und
Menschen waren; er kann ohne sie sein; er ist das Nichts der Welt
und des Menschen; Gott kann die Welt, so glaubt der strenge Gottes—
glaͤubige wenigstens, jeden Augenblick zu Nichts machen; für den wahren
Theisten giebt es keine Macht und Schönheit der Natur, keine Tugend
des Menschen; Alles nimmt der gottesgläubige Mensch dem Menschen
und der Natur, nur um damit seinen Gott auszuschmücken und zu ver—
herrlichen. „Nur Gott allein ist zu lieben, sagt z. B. der hei—
lige Augustin, diese ganze Welt aber, d. h. alles Sinnliche ist zu
verachten“. „Gott, sagt Luther in einem lateinischen Briefe, will
entweder allein oder kein Freund sein“. „Gott allein, sagt er in
einem andern Briefe, gebührt Glaube, Hoffnung, Liebe, daher sie auch
die theologischen Tugenden heißen“. Der Theismus ist daher „negativ
und destructiv“; nur auf die Nichtigkeit der Welt und des Menschen,
d. h. des wirklichen Menschen baut er seinen Glauben. Nun ist aber
Gott nichts Andres, als das abgezogene, phantastische, durch die Ein—
bildungskraft verselbstständigte Wesen des Menschen und der Natur;
der Theismus opfert daher das wirkliche Leben und Wesen der Dinge
und Menschen einem bloßen Gedanken- und Phantasiewesen auf. Der
Atheismus dagegen opfert das Gedanken- und Phantastewesen dem
wirklichen Leben und Wesen auf. Der Atheismus ist daher positiv,
bejahend; er giebt der Natur und Menschheit die Bedeutung, die Würde
wieder, die ihr der Theismus genommen; er belebt die Natur und
Menschheit, welchen der Theismus die besten Kräfte ausgesogen. Gott
ist eifersͤchtig auf die Natur, auf den Menschen, wie wir früher sahen;
— er allein will verehrt, geliebt, bedient sein; er allein will Etwas, alles
E