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geträumt, er sehe einen französischen Hund, und das Weib reiste mitten
im Winter über Schnee und Eis vierhundert Meilen weit, um sich einen
zu verschaffen“ Welch ein Heldenmuth! und doch galt er nur einem
Traume!
21) So wird auch in der schon öfter angeführten Geschichte von
Paraguay von den Guaranis erzählt, daß oft welche aus bloßer
Furcht vor Zauberei starben. Auch die Brasilianer „fürchten die bösen
Geister so sehr, daß einige durch den Anblick einer eingebilde—
ten Erscheinung getödtet worden sind“. (Bastholm, histor.
Nachr. zur Kenntniß des Menschen in seinem wilden und rohen Zu—
stand. IV. Th.)
22) Gott erfüllt, was der Mensch wünscht; er ist ein den Wün—
schen des Menschen entsprechendes Wesen; er unterscheidet sich nur da—
durch vom Wunsche, daß in ihm Wirklichkeit, was in diesem nur Mög⸗
lichkeit ist; er ist selbst der erfüllte oder seiner Erfüllung gewisse
Wunsch*), oder: das vergegenständlichte und verwirklichte Wesen des
Wunsches. „Jene (die Götter), sagt ein griechischer Dichter (Pindar)
bei Plutarch, sind ohne Krankheiten, sie altern nicht, sie kennen keine
Mühen, sie sind der dumpftönenden Ueberfahrt des Acheron über—
hoben“. Wie kann es deutlicher ausgesprochen werden, daß die Götter
die Wünsche der Menschen sind? „Nichts, sagt Vellejus Paterculus,
können die Menschen von den Göttern wünschen (optare), nichts die
Cudworth frägt in seinem Intellectualsystem: „wenn es keinen Gott giebt,
woher kommt es denn, daß alle Menschen einen Gott haben wollen?“ Aber man muß
vielmehr gerade umgekehrt fragen: wenn ein Gott ist, wozu und warum brauchen
ihn denn die Menschen zu wünschen? Was ist, das ist kein Gegenstand des Wunsches,
der Wunsch, daß ein Gott sei, ist gerade der Beweis, daß keiner ist.