Full text: Theogonie nach den Quellen des classischen, hebräischen und christlichen Alterthums (9. Band)

nicht mit seinem wahren und bleibenden Willen, dessen höchstes 
Gesetz das eigne Wohl ist, weil er sich in diesem Zustande gleich⸗ 
sam in puris naturalibus befindet, entblößt aller Selbstvertheidi⸗ 
gungswaffen und Schutzmittel, die ihm sonst sein Verstand ge⸗ 
währt, so läßt sich der obige Satz vielmehr so verdollmetschen: 
„Aber die Macht der Natur ist stärker als menschlicher 
Wille“. [57] 
Zwischenbemerkung. 
Die Götter sind widerspruchvolle Wesen; sie haben, wie der 
Gott Janus, doppelte Gesichter, und zwar von vorn menschliche, 
von hinten unmenschliche. Der Gott ist ursprünglich ein Natur— 
wesen oder Naturelement, aber als lebendiges, persönliches, d. i. 
menschliches Wesen, eins mit der Natur und unterschieden von 
der Natur. So ist Poseidon als Meermenschgott so wenig an 
den Aufenthalt im Meere gebunden, als ein Schiffer oder Fischer, 
aber doch zugleich ein in die Natur, in die Materie des Meers 
versenktes Wesen, was in der homerischen, die Götter durchaus 
vermenschlichenden Anschauung so ausgedrückt wird, daß Posei— 
don seinen goldenen Palast im Grunde der See (66αα ν 
J. 13, 21) hat. Aber gleichwohl hat Homer die ursprüngliche 
oder doch vorhomerische Naturreligion nicht entstellt, sondern nur 
ihr Räthsel gelöst, oder nur so entstellt, wie das gelöste Räthsel 
das unaufgelöste entstellt; denn mit der Auflösung verschwindet 
der dunkle mystische Sinn, der hinter jedem Geheimnisse so lange 
zu stecken scheint, als es nicht erkannt ist. So hat auch die 
Jungfrau den Reiz des Mystischen vor der Frau voraus, und 
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25.
	        
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